Lisa Poulikakos: «Ich setze meine Lichtforschung im Nanobereich ein, um verbesserte, zugängliche Diagnostiktechniken für Patienten und Ärzte zu entwickeln.»
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Lisa Poulikakos absolvierte ihren Bachelor, Master und Doktor im Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH. Im Oktober 2019 erhielt sie den prestigeträchtigen Preis von L’Oréal USA für Frauen in der Wissenschaft und der Amerikanischen Vereinigung für die Förderung von Wissenschaft (AAAS) für ihre Forschung. Diese nutzt Licht, um sofortige, genaue und kosteneffiziente Diagnosen von Gewebebiopsien für Brustkrebs und anderen schwerwiegenden Krankheiten durchzuführen.
Was wolltest Du als Kind werden?
Ich war schon immer neugierig und an vielen verschiedenen Sachen interessiert. Das ging von Physik über Biologie, Mathematik, Kunst, Literatur und Philosophie. Daher lagen meine Kindheitswünsche zwischen Astrophysik und Dichtung.
Als Wissenschaftlerin und Ingenieurin liebe ich es gegenwärtig, jeden Tag bei der Arbeit etwas Neues und Aufregendes zu lernen, eine intellektuelle Herausforderung anzunehmen und meine Horizonte zu erweitern. Ich liebe es, an der Grenze des menschlichen Wissens zu forschen und Aufregung wegen einer wissenschaftlichen Entdeckung zu spüren. Ich finde es auch extrem motivierend, wenn ich diese neuen Erkenntnisse einsetzen kann, um wichtige gesellschaftliche Fragen anzusprechen.
Innerhalb von zehn Jahren hast Du den Bachelor, Master und Doktor am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik absolviert. Was für Erinnerungen hast Du an diese Zeit?
Die Möglichkeit, an der ETH meine Ingenieur-Abschlüsse gemacht zu haben, schätze ich sehr fest. Die erstklassigen Ressourcen, welche in Zürich verfügbar sind, haben mich mit herausragendem Werkzeug, Wissen und Expertise ausgestattet, um wichtige gesellschaftliche und technologische Herausforderungen angehen zu können. Ich war besonders inspiriert von der bahnbrechenden Leistung des Departements für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, welches an vorderster Front klassische Ingenieursprinzipien in Gebieten wie der Mikro- und Nanotechnologie anwendet. Dies verspricht aufregende Anwendungen in den Bereichen von Biomedizin, Robotik, Energie oder Informationstechnologie. Ausserdem habe ich unglaublich davon profitiert, an einer solch aussergewöhnlichen Fakultät zu lernen, die internationale Koryphäen in ihrem Gebiet beschäftigen. Ich denke dabei an meinen Doktorvater Prof. David Norris oder an meinen Kollegen und Prof. Lukas Novotny, Mitglied der Dissertationskommission.
Seit November 2018 arbeitest Du als Postdoc an der Stanford Universität in Kalifornien. Was machst Du genau?
Ich bin Ingenieurswissenschaftlerin im Bereich optischer Materialien an der Standford Universität. Meine Forschung nutzt die Wissenschaft des Lichts, um eine Brücke zwischen Ingenieursleistungen und der Medizin zu schlagen. Momentan arbeite ich daran, neue Wege zu entwickeln, um schwerwiegende Krankheiten wie Herzerkrankungen, Alzheimer oder Krebs schneller, genauer und kosteneffizienter - als Ärzte es momentan können - zu diagnostizieren.
Ich hatte schon immer eine natürliche Neugierde und wollte die Welt um mich herum verstehen. Ich liebe es, dass ich durch meine Arbeit als Ingenieurin genau diese Fragen erforschen kann. Hast Du je gesehen, wie ein Kristallprisma weisses Licht in Regenbogenfarben bricht? Das ist nur ein Beispiel vom Informationsreichtum, der im Licht verschlüsselt ist. Die Lichtwissenschaft hat ein grosses Potenzial, um zentrale biomedizinische Herausforderungen anzugehen: Meine Forschung entwickelt eine Technologie auf einem Chip, welche Licht in seine einzelnen Farben aufteilt, genau wie eine Prisma. Wenn sie mit Gewebeproben verbunden werden, können Ärzte gesundes von befallenem Gewebe durch Farbveränderungen unter einem einfachen optischen Mikroskop unterscheiden. Diese Technologie gibt Ärzten wichtige Informationen zum Stadium der Erkrankung und zu angemessenen Behandlungsmethoden, welche schneller und günstiger sind als aktuelle Techniken. Als meiner Grossmutter Burstkrebs diagnostiziert worden war, hatte sie keinen Zugang zu Spitzentechnologien. Folglich war die Diagnose des Krebsstadiums ungenau, und die Behandlung war nicht wirksam. So schritt der Krebs voran bis er nicht mehr therapierbar war.
Ich setze meine Lichtforschung im Nanobereich ein, um verbesserte, zugängliche Diagnostiktechniken für Patienten und Ärzte zu entwickeln. Ich bin motiviert, Patienten wie meiner Grossmutter zu helfen. Der Einsatz von Lichtwissenschaft, um gesellschaftlich relevante biomedizinische Herausforderungen anzugehen, ist die zentrale Kraft, welche mich in meiner Arbeit antreibt.
Während Deines Studiums hast Du LIMES (Ladies in Mechanical and Electrical Studies) gegründet. Kannst Du uns mehr darüber erzählen?
Als ich als Studentin in Maschinenbau und Verfahrenstechnik anfing, lag die Frauenquote bei 8,2 Prozent von ungefähr 500 Studierenden. Meine Eltern sind beide Ingenieurswissenschaftler. Ich wuchs also in einem Umfeld auf, welches die wissenschaftliche Neugierde pflegte und förderte. Daher wusste ich, dass diese tiefe Quote nicht an fehlendem Talent von Studentinnen lag. Vielmehr waren sie sich nicht bewusst, welche fantastischen Möglichkeiten die Ingenieurswissenschaften bieten. Ich hatte Glück, dass mir diese Perspektiven zu Hause vermittelt wurden. Dies wollte ich an mehr junge Frauen weitergeben.
Also gründete ich «LIMES» - www.limes.ethz.ch – die erste Studentenorganisation für Ingenieursstudentinnen unserer Hochschule, welche es heute immer noch gibt. Als Präsidentin dieser Organisation initiierte ich verschiedene Netzwerkaktivitäten für Studentinnen und Maturandinnen. Jeder Event verbuchte 100 Teilnehmerinnen, um ein Netzwerk von Ingenieurinnen zu kreieren und die nächste Generation zu inspirieren.
L'Oréal hat ein Förderprogramm für Frauen in der Wissenschaft. Du bist eine von fünf Frauen in den USA, welche 2019 für ihre Wissenschaft ausgezeichnet wurden. Was bedeutet Dir dieser Preis?
Ich fühlte mich unglaublich geehrt, als ich für den L'Oréal USA für Frauen in der Wissenschaft (FWIS) ausgewählt wurde. Ich bin L'Oréal USA und der Amerikanischen Vereinigung für die Förderung von Wissenschaft (AAAS), aber auch meinen wissenschaftlichen Mentoren in Stanford und der ETH (den Professorinnen Jennifer Dionne und Stefanie Jeffrey und Professor David Norris) unglaublich dankbar, dass sie mir diese grossartige Möglichkeit geben und mich unterstützen.
Das FWIS Stipendium hilft, wichtige Ausrüstung und Ressourcen für die Experimente zu beschaffen, damit ich meine Ziele erreichen kann. Ausserdem kann ich damit Reisespesen abdecken, um meine Forschung an wissenschaftlichen Konferenzen vorzustellen. Weiter bietet mir das FWIS Stipendium eine einmalige Plattform, um das Bewusstsein über die Notwendigkeit von innovativen, kostengünstigen Brustkrebsdiagnoseinstrumenten zu fördern. Diese geschlechtsspezifische Krankheit betrifft jedes Jahr hunderttausende Frauen in den USA. Ich habe auch die Möglichkeit, an der Stanford Universität Aktivitäten für Frauen in biomedizinischer Optik zu organisieren. Schlussendlich gibt mir das FWIS Stipendium eine tolle Arbeitsgrundlage, um als Vorbild für die neue Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dienen.