Blockchain und Kryptowährung: Erklärungen zu zwei Trendbegriffen

Alumni Focus

Zum Focus Event luden die ETH Alumni am 9. April 2019 zum Thema «Blockchain und Kryptowährung für Anfänger» ein. Das Interesse war gross, mit 90 Teilnehmenden war der Anlass ausgebucht. Dr. Christian Decker gab zuerst eine Einführung zum Thema Blockchain, Luzius Meisser sprach danach über das Thema Kryptowährung. Daniel Naeff vom ETH Alumni Vorstand moderierte den Event.

Blockchain und Kryptowährung

Zu sagen, dass man nach dem Event alles über Blockchain und Kryptowährung wusste, wäre etwas zu hoch gegriffen. Dr. Christian Decker, ein Enthusiast der ersten Stunde, schrieb seine Doktorarbeit über Blockchain. Er beschäftigt sich seit ungefähr zehn Jahren mit dem Thema und erinnerte sich, dass es anfangs fünf Teilnehmer gab. Heute sind es deren 15'000, welche öffentlich erreichbar sind, schätzungsweise 60'000 bis 70'000 Teilnehmer sind es nicht. Beim Thema der Kryptowährung ist Luzius Meisser ein Experte. Er beschäftigt sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit der Frage von Smart Contracts, welche den Kauf und Verkauf von Aktien via Blockchain regelt. Beide Vorträge waren sehr spannend, die Fragerunde hätte noch beliebig verlängert werden können. Die vorgeschlagene Paneldiskussion wurde aufgrund der vielen Fragen abgesagt, weitere Fragen wurden am Apéro geklärt.

Vergleiche und Unterschiede aus der Realwirtschaft

Bitcoin kann mit einer Bank verglichen werden, welches ein Zahlungssystem anbietet. Alle Benutzer haben Guthaben, es werden keine Kredite gewährt. Zahlungen werden dezentral in Auftrag gegeben und kryptografisch abgesichert. Dazu werden verifizierte Unterschriften genutzt, um die Richtigkeit des Adressanten zu garantieren. Die Überweisung führt ein verteiltes Netzwerk von Knoten aus.

Dieses Netzwerk hat keine Hierarchie und ist komplett dezentralisiert. Alle Knoten koordinieren sich aber untereinander. Ein System ohne zentrales Organ, welches die Kontrolle hat, war dann für die Teilnehmenden ein wenig gewöhnungsbedürftig. Die Knoten sind untereinander immer synchron, im Falle eines Konflikts ist die Lösung klar geregelt. Es kann beispielsweise zu einem Konflikt kommen, wenn Transaktion an zwei widersprüchliche Überweisungen in Auftrag gegeben werden, und der Benutzer aber nicht genügend auf dem Konto besitzt, um beide Überweisungen auszuführen. Im Laufe der Synchronisation zwischen den Knoten kommt es dann zum Konflikt. Bei einem Knoten kommen beide Überweisungen zusammen, aufgrund des fehlenden Betrags kann er nicht beide Transaktionen ausführen.

Konflikte lösen à la Blockchain

Um den Konflikt zu lösen, muss eine Art Knotenführer erkoren werden. Da der Zeitstempel, d.h. der Zeitpunkt der Eingabe der Transaktion, nicht brauchbar ist, werden alle Eingaben rückwärts ausprobiert, um die Historie zu rekonstruieren. Sobald diese Rekonstruktion schlüssig ist, wird die Transaktion bestätigt. Nachbarn überprüfen dies. Dr. Christian Decker verglich diese Art der Konfliktlösung mit einer Münze werfen. Wer gewinnt, der bestimmt. Die Chance, sich zu irren, sind aber aufgrund des Set ups von Blockchain verschwindend klein.

Kryptowährung

Luzius Meisser führte den Abend dann zum Thema Kryptowährung weiter. Eine erste Umfrage zeigte, dass die wenigsten Teilnehmenden schon Erfahrung damit hatten. Einleitend erklärte er, dass in der Software-Entwicklung die Kostenverteilung sich komplett umkehrt: (Hohe) Kosten verursachen das Design, die Produktion ist danach gratis. Diese Entwicklung hat auch Konsequenzen für die Grenzkosten von Waren und Dienstleistungen.

Die Digitalisierung bringt noch weitere Gesetze mit sich: Die Märkte sind von einem grossen Akteur wie beispielsweise Facebook oder Google dominiert. Der Gewinner bestimmt also den ganzen Markt. Weitere Anbieter gibt es nicht oder haben ein Nischendasein. Die Geschichte zeigt auch immer wieder, dass David – klein und agil – Goliath – gross und behäbig – schlägt. Wobei dann oft Goliath David die Lösung für viel Geld abkauft und bei sich integriert. Ein weiteres Gesetz ist, dass Einzigartigkeit der Schlüssel in der Globalisierung ist.

Der Einfluss von Politik in der Innovation bzw. Standortentwicklung

Um Innovation erfolgreich zu fördern hat sich gezeigt, dass kurze Gesetzestexte, welche die Grundprinzipien festlegen, in der Umsetzung aber Raum lassen, besser sind als detaillierte Gesetzestexte. Eine Nähe zum Machtzentrum mit Raum für Individualität, wie sie in der Schweiz zu finden ist, sind ebenfalls gut für Innovationen. Insofern erklärt sich auch, warum sich im Raum Zug bzw. Zürich eine Art «Kryptovalley» entwickelt.

Dieses Kryptovalley kann nach Meinung von Luzius Meisser als Chance gesehen werden, um dem Finanzplatz Schweiz neue Impulse zu geben. Das ist dringend nötig, denn der Anteil der Bank am BIP der Schweiz sinkt seit einigen Jahren kontinuierlich. Hinzu kommt, dass auch die Anzahl der am SMI gelisteten Firmen stetig sinkt, während aber die Anzahl der Unternehmen in der Schweiz ansteigt. Für eine Wirtschaft ist es auch gesund, wenn ständig neue Unternehmen gegründet werden.

Die Vision eines dezentralisierten, weltweiten und freien Finanzsystems

Das «Internet der Finanzen» erlaubt Transaktionen zwischen jedermann und zu jeder Zeit. Auf Blockchain aufbauend gibt es verschiedene Währungen wie beispielsweise Bitcoin. Tokens geben einen abstrakten Wert, welcher durch einen sogenannten «Smart Contract» nachverfolgt werden kann. Diese «Smart Contracts» sind auf Blockchain aufbauende öffentliche Programme, welche für alle verfügbar sind. Sobald sie im Umlauf sind, können sie nicht mehr gestoppt oder verändert werden, ausser wenn es so vorgesehen ist.

Um eine Börse zu betreiben, sind die finanziellen und rechtlichen Hürden zurzeit sehr hoch. Über Blockchain könnte sich dies ändern. Unternehmen könnten mittels Smart Contracts Aktien herausgeben, diese würden auch den Handel sicherstellen. Diese Art des Aktienhandels könnte sowohl für kleinere Unternehmen wie auch Investoren spannend sein. Ohne hohe Kosten könnten sich Unternehmen dringend benötigte Liquidität sichern und Investoren höhere Renditen erwirtschaften. Hier gibt es aber noch viel zu tun, denn in der Vergangenheit wurde hier den Investoren nicht viel mehr als ein bisschen Hoffnung verkauft.

Es gibt noch viel zu tun

Der Finanzbereich ist zurzeit von grossen Kolossen dominiert. Im Bereich Kryptowährung sind noch Fragen offen in Bezug auf Liquidität, Markt oder effektiver Wert eines Tokens. Gemäss Luzius Meisser ist die Entwicklung spannend, da die Entscheidung noch offen ist, wer den Sieg davonträgt: David oder Goliath.

Auch seitens Teilnehmenden gab es noch viele Fragen. Das Thema interessierte, auch wenn Aspekte von Blockchain und Kryptowährung gewöhnungsbedürftig waren. Einige Teilnehmenden waren auch sehr skeptisch, was die Viabilität anbelangt. Vor allem der Punkt, dass der Besitz von Kryptowährung anonym ist und auf die Selbstdeklaration gesetzt wird, brachte Bedenken hervor, dass Blockchain Tür und Tor für Steuerhinterziehung öffnet. Luzius Meisser erklärte, dass es beim Wechsel der Währungen diverse Kontrollmechanismen gäbe und gemäss dem Bericht des Bundesrat bisher auch kaum Fälle von Geldwäscherei mit Kryptowährungen aufgetreten seien.

Ein Apéro Riche rundete den Anlass ab. So konnten die nicht abreissenden Fragen der interessierten Teilnehmenden bei einer angenehmen Stärkung dennoch mehrheitlich geklärt werden.

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