Alumni Reise nach Holland

Alumni Travel

Vom 12. bis 15. Oktober 2017 reiste eine Gruppe von ETH Alumni samt drei Partnerinnen nach Holland, um die zeitgenössische Architektur Hollands zu entdecken. Mit Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Delft ist Holland der am dichtesten besiedelte Teil der Niederlande. Ein Reisebericht.

by Stephanie Gränicher
Holland

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Die Niederlande haben gleich viel Grundfläche wie die Schweiz, bestehen aber zu einem Fünftel aus Wasser. Eine Hälfte liegt knapp über dem Meeresspiegel und ein Viertel sogar darunter. Es leben in den Niederlanden aber doppelt so viele Menschen wie in der Schweiz. Von den Architekten wird also erwartet, auf kleiner Fläche für die Bewohner angenehme Wohnräume zu schaffen. Kreativität wird dabei ausdrücklich vom Staat unterstützt.

Schwimmende Häuser

In IJburg, das aus drei künstlichen Inseln besteht, sahen wir auf Steigereiland schwimmende Häuser in einer Betonwanne. Haveneiland wurde in Blocks eingeteilt, denen die beteiligten Architekten eigene Strukturen gaben. Wir blickten auf idyllischen Kanälen, heimelige Sonnendecks und die vielen auf dem Wasser dümpelnden Boote, ein praktisches Fortbewegungsmittel im wasserreichen Holland. Deshalb bestiegen wir am Nachmittag ebenfalls ein Schiff. Die Elvira trug uns zu den Amsterdamer Halbinseln Borneo und Sporenburg. Hier bekam das niederländische Planungsbüro West 8 in den 1990er Jahren den Auftrag, extrem dicht zu überbauen. Entstanden sind Reihenhauskonfigurationen von etwa zwanzig Architekten, die zur Auflage hatten, in einen Kubus Garagen, Vorgärten und Wohnraum zu integrieren. Wir spazierten entlang der strengen Fassaden auf der Strassenseite und freuten uns an den bunten Gartenterrassen, die auf der Rückseite der Häuser ans Wasser grenzen.

Künstlerische Vielfalt

Nach der Ordnung in Borneo und Sporenburg erwartete uns in der NDSM-Werft künstlerische Vielfalt, denn die ehemaligen Schiffsbauhallen wurden Ende des 20. Jahrhunderts zum Inkubator für Experimente auf grossem Raum. In den Gebäuden sind Künstlerviertel, Cafés und Restaurants entstanden. Wir nahmen in der ij-kantine ein gemütliches Abendessen ein, bevor wir weiter nach Rotterdam fuhren.

Provokante Unterkunft

Unser Heim für die nächsten Tage, das NHOW Hotel, befand sich im von Rem Koolhaas designten Hochhauskomplex „De Rotterdam“. Von einer CD, die uns Antoine vor der Reise zukommen liess, wussten wir, dass Rem Koolhaas mit seinen Bauten gerne provoziert. So musste sich ein Teil der Gruppe mit freistehenden Säulen im Zimmer arrangieren. Die Bänke vor den Liften würden zum Verweilen einladen, aber ihre Sitzflächen sind aus Gitterrost. Dafür ist die Aussicht spektakulär und jedes Zimmer kann durch einen Fensterschlitz Frischluft erhalten.

Grösste Sammlung von Werken Piet Mondrians

Am nächsten Vormittag besichtigten wir das Gemeindemuseum von Den Haag. 1929 entwarf hier der Architekt H. P. Berlage ein revolutionäres Konzept im Sinne der damaligen Künstlerbewegung „De Stijl“. Ein langer Eingang bereitet seelisch auf die Kunst vor. Eine Backsteinlänge von 11 cm dient als Modul für das ganze Gebäude. Trotz verschieden grosser Räume entsteht so eine rhythmische Gestaltung. Berlage rückt das Licht ins Zentrum. Das Museum beherbergt die grösste Sammlung von Werken Piet Mondrians (1872 – 1944). Antoine erläuterte uns, wie aus einem konservativen Landschaftsmaler ein Vorreiter des Abstrakten wurde.

TU Delft

Nachmittag und Abend waren der TU Delft, einer der Partner-Universitäten der ETH Zürich, gewidmet. Wir trafen Ben Girwar, der uns an der Küste des Delftlands den „Zandmotor“ näherbrachte. Das Wort „Motor“ wird hier im Sinne von „Bewegung“ gebraucht. Bei diesem Forschungsprojekt werden Millionen Tonnen von Sand 10 km vor der Küste ausgegraben und mit Schiffen entlang des Ufers abgeladen. Der vom Meer kommende Wind häuft diesen Sand zu Dünen auf, die das Land vor dem umweltbedingten Steigen des Meeresspiegels schützen sollen. Mit Fotokameras wird der Erfolg der Massnahme kontrolliert. Der Strand dient gleichzeitig zur Erholung und zum Kitesurfen.

Kegel der Weisheit

Als Vertreterin der TU Delft führte uns Anouk Dijkstal durch Teile des Geländes. Die Universität wurde 1822 gegründet, befindet sich auf einem neuen Campus ausserhalb der Stadt und hat 22‘000 Studenten. Die Bibliothek, der „Kegel der Weisheit“, wurde 1998 vom Architekturbüro Mecanoo erbaut und ist beliebt, wie die grosse Zahl der anwesenden Studenten an einem Freitagabend zeigte. Wir dagegen genossen ein feines Buffet und das Gespräch mit ETH-Austauschstudenten und lokalen Alumni.

Mensch und Raum

Der nächste Tag ist der experimentellen Architektur Rotterdams gewidmet. Das Café de Unie als erster „De Stijl“-Bau und die Villa der Familie Sonneveld sind Beispiele aus den 1930er Jahren. Nach der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg hat die Regierung Architekten dabei unterstützt, Neuartiges entstehen zu lassen. In der Kunsthal (Kunsthalle) sahen wir, wie Rem Koolhaas das traditionelle Museum revolutioniert hat. Sein Hauptthema ist das Spannungsfeld zwischen Mensch und Raum. So führt eine Strasse durch sein Gebäude, der Eingang ist versteckt, die Treppensituation unbequem und das Auditorium Teil des Museumrundgangs. Wer sich dann auf den Redner konzentrieren möchte, ist gefordert.

Bürger im Mittelpunkt

Am anderen Ende des Museumparks liegt „Het Nieuwe Institut“, 1993 von Jo Coenen gebaut und Architektenarchiv, Bibliothek und Verbandssitz in einem. Beim „Shouwburgplain“ stellt Planer West 8 den Bürger in den Mittelpunkt. Der Platz ist wie eine Bühne gegenüber der Strasse erhöht. Rotterdam Centraal, der Hauptbahnhof mit dem Spitznamen „Haifischflosse“ hat ein Dach aus Solarpanels und soll bis zu 400‘000 Personen pro Tag aufnehmen können. Das „Timmerhuis“ von Rem Koolhaas beherbergt Büros vom Stadthaus, soll in der Nutzung aber flexibel bleiben. Die Idee dahinter ist das Gebäude als Wolke.

Baumkrone und Obsthain

Eine weitere Attraktion sind die Kubushäuser, von Piet Blom in den 1970er Jahren entworfen. Hier sollen sich die Bewohner wie in einer Baumkrone fühlen und in der Markthalle wie Fruchtfliegen im Obsthain. Jedenfalls möchte uns das Deckengemälde des riesigen 2014 von MVRDV erstellten Wohn- und Einkaufskomplexes ein solches Gefühl näherbringen. Unsere Eindrücke diskutierten wir bei einem delikaten Abendessen im angesagten HmB Restaurant.

Schwan-Brücke

Am letzten Morgen spazierten wir den Wilhelmina-Pier vor unserem Hotel entlang, dessen Masterplan von Sir Norman Foster stammt. Wir beobachteten, wie ein Teil der nahen Erasmusbrücke hochgezogen wurde, um ein zwergenhaftes Segelboot passieren zu lassen. Die Brücke mit dem Spitznamen „Schwan“ wurde von Van Berkel & Bos 1994 fertiggestellt. Die Gebäude dieser Gegend, die fast alle von namhaften Architekten entworfen wurden, sollen an die Verbindung der Niederlande mit den USA erinnern, denn von hier aus hat die Reederei Holland America Lijn eine Million Auswanderer verschifft. So besteht „De Rotterdam“ aus drei Türmen, deren Elemente wie aufgestapelte Container wirken und an Manhattan erinnern. Wir warfen einen letzten Abschiedsblick auf unser Hotel, bevor auch wir uns auf die Reise nach Zürich begaben.

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