Volker Bartenbach: «Den Mut haben, auch mal ein berufliches Risiko einzugehen.»
ETH Alumnus Volker Bartenbach hat einen PhD am Departement für Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH absolviert. Er ist CEO der Firma Auxivo AG, die Exoskelette für die industrielle Anwendung entwickelt. Im Interview spricht Volker über seinen bisherigen Werdegang und seine Faszination für Exoskelette.
Hattest du einen Berufswunsch als Kind?
Ja, ich wollte als Kind Archäologe werden. Ich fand Burgruinen sehr spannend und hatte schon immer Interesse an geschichtlichen Themen.
Was hast du ursprünglich studiert?
Ich habe in Deutschland an der Universität in Karlsruhe (KIT) Maschinenbau mit Vertiefung Robotik studiert. Danach habe ich auch in diesem Bereich zwei Jahre gearbeitet. In dieser Zeit bin auf die «Wearable Robotics», die tragbaren Robotersysteme, aufmerksam geworden. Im Besonderen interessierte ich mich für Exoskelette, die damals noch ein relativ junges Forschungsthema waren. Ich habe mich dann an der ETH für ein PhD beworben, die in dieser Forschung weltweit führend ist.
Woher kommt dein Interesse an den Exoskeletten?
Als leidenschaftlicher Ingenieur find ich die Kombination von verschiedenen technischen Disziplinen wie Mechanik, Informatik, und Elektrotechnik sehr faszinierend. Bei den Exoskeletten kommen dann noch die Biomechanik und die Medizin dazu. Wenn man all diese Fachbereiche sinnvoll miteinander vereint, kann man Systeme entwickeln, welche den Menschen direkt unterstützen und entlasten. Diese Roboter haben also eine praktische Anwendung. Das find ich sehr spannend.
Was motiviert dich, Menschen in ihrem beruflichen Umfeld zu helfen?
Wir bauen Maschinen für Menschen, die jeden Tag schwere körperliche Aufgaben erledigen müssen. Davon gibt es hunderte Millionen weltweit und die negativen Folgen dieser Arbeit sind auch heute noch sehr tragisch für die Betroffenen. Die Exoskelette sollen die Arbeit leichter machen, Erschöpfung und Verletzungen reduzieren. Man sieht also den Nutzen unserer Produkte direkt. Darüber hinaus hat es mich schon immer motiviert, dass diese Technologie noch weitere spannende Anwendungsgebiete hat. Zum Beispiel für Menschen, die körperliche Einschränkungen haben wie Querschnittsgelähmte oder nach einem Schlaganfall. Wir konzentrieren uns bei Auxivo jedoch auf die Prävention.
Wie und wofür werden die Exoskelette angewendet?
Je nachdem werden sie den ganzen Tag getragen oder nur bei Lastspitzen. Es sind spezialisierte Systeme für spezielle Bewegungsabläufe: Das eine ist zum Heben von Lasten, das andere speziell zum Tragen von schweren Lasten ausgerichtet. Zur Anwendung kommen die Exoskelette z.B. in der Logistik, in Warenlagern, im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft. Das leichteste wiegt unter einem Kilo. Wenn die Leute so etwas tragen sollen, muss es so leicht sein wie Kleidung. Das Exoskelett ist jederzeit verfügbar, um zu entlasten. Man kann es bei sich tragen und muss nicht zeitintensiv einen Kran aufbauen. Das ist ein grosser Vorteil.
Kannst du etwas über die Entstehungsgeschichte von Auxivo erzählen?
Die Geschichte von externe Seite Auxivo ist wahrscheinlich relativ klassisch für ein Schweizer Spin-off. Unsere jetzige Tätigkeit beruht auf der Grundlagenforschung, die wir an der ETH gemacht haben. Wir haben untersucht, wie Exoskelette gebaut sein müssen, damit man sie gut handhaben kann, damit sie angenehm zu tragen sind.
Als ich mit dem PhD fertig war, waren industrielle Exoskelette langsam im Kommen. Ich habe überlegt, wie ich diese Entwicklung vorantreiben könnte. Da lag die Idee eines Spin-offs auf der Hand. Die erste Unterstützung war eine ETH-Pioneer-Fellowship. Damals lernte ich auch meine Mitgründer Michael Stucky kennen. Das Projekt wurde bei Prof. Roger Gassert am Rehabilitation Engineering Lab begonnen. Er ist der dritte Gründer. Wir haben dann schnell Kontakte zur Industrie geknüpft. Verschiedene Partner waren sehr an der Entwicklung von Exoskeletten für ihre Belegschaft interessiert. Danach hatten wir eine Anschlussfinanzierung von Bridge («Proof of Concept») und gewannen beim Start-up-Wettbewerb «Venture Kick». Hierbei wird es dann erforderlich, sich stark mit der geschäftlichen Seite zu beschäftigen. Wir haben dann unsere Produkte weiterentwickelt, erste Feldversuche durchgeführt mit Industriepartnern an Flughäfen und auf Baustellen. Wir dachten, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, eine Firma zu gründen.
Wir haben dann auch weitere Geldgeber gefunden und angefangen, ein Team aufzubauen, damit wir ein erstes Produkt auf dem Markt bringen können. Das kam gleichzeitig mit Beginn der Corona-Pandemie auf den Markt, was anfangs schon eine grosse Herausforderung war. Mittlerweile haben wir mehrere Produkte und die Verkäufe entwickeln sich positiv. Wir bauen das Team weiter auf und beginnen mit der Internationalisierung. Es sieht also momentan gut aus.
Hast du einen persönlichen Tipp für ETH-Studentinnen und -Studenten?
Ich denke, wenn es die persönliche Lebenssituation erlaubt, sollte man auch mal einen Schritt ins Ungewisse machen. Man sollte den Mut haben, ein berufliches Risiko einzugehen. Und man sollte vielleicht auch mal einer «dummen Idee» eine Chance geben. Wer weiss, was für spannende Dinge sich dann ergeben.
Mehr über externe Seite Auxivo:
Im Jahr 2019 wurde die Auxivo AG als ETH-Spin-off des Labors für Rehabilitationstechnik gegründet. Im Zentrum steht die Entwicklung eines tragbaren Exoskelettes, dass bei unterschiedlichen Aufgaben Unterstützung bietet, ohne dabei zugleich deren Benutzerin einzuschränken.