Energiestrategie 2050

Am 14. Mai hat die OG Ticino ihre ordentliche Generalversammlung abgehalten. Nach der Corona-Zeit fand dieses Jahr die Veranstaltung zusammen mit einem Vortrag über die Energiestrategie 2050 wieder vor Ort in Bellinzona statt.

Energiestrategie

Im Anschluss an die Generalversammlung hatten wir das Vergnügen, dem Vortrag von Dr. Roberto Pronini, Direktor der Azienda Elettrica Ticinese (AET) und Alumnus der ETH Zürich, zu folgen. Er erläuterte die aktuelle Situation der Energieproduktion, -versorgung und des Energieverbrauchs sowie die Perspektiven für die Schweiz im Sinne der Energiestrategie 2050.

Aktuelle Lage

Die derzeitige Lage ist durch eine Reihe von Problemen bei der Energieversorgung gekennzeichnet, die sich aus verschiedenen Faktoren ergeben, wie beispielsweise aufgrund des hohen Energiebedarfs und der Komplexität des Systems der Energieerzeugung, -speicherung und -übertragung. Es ist ein System, das durch starke Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Akteuren auf internationaler Ebene gekennzeichnet ist. Nicht zuletzt handelt es sich um ein System, das durch Krisensituationen beeinflusst wird, die geografisch und zeitlich weit entfernte Auswirkungen haben können wie im gegenwärtigen Fall des Krieges zwischen Russland und der Ukraine.

Die wichtigsten Massnahmen der Energiestrategie 2050

Die Energiestrategie 2050 besteht aus drei Hauptpfeilern: Eine erste Säule betrifft die Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden, Mobilität, Industrie und Geräten. Die zweite Säule sieht vor, den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen; dies anhand der Einführung von Fördermassnahmen und verbesserten Rahmenbedingungen. Die dritte Säule führt zum schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie: Zuerst dürfen keine neuen Genehmigungen diesbezüglich erteilt werden, und die bestehenden Anlagen müssen schrittweise abgeschaltet werden. Die Kernkraftwerke werden am Ende ihres Lebenszyklus von rund 60 Jahren abgeschaltet.

Energiewende

Mehrere Länder, darunter Deutschland und die Schweiz, haben angekündigt, aus der Kernenergie aussteigen zu wollen. In der Schweiz wurde das Kernkraftwerk Mühleberg Ende 2019 abgeschaltet. Die Abschaltung der Kraftwerke Beznau ist für 2030 geplant. Es gibt daher Pläne, diese Produktion durch erneuerbare Energiequellen zu ersetzen. Gleichzeitig erleben wir eine Phase starker Elektrifizierung, in der Dieselmotoren und Heizungsanlagen weitgehend durch Elektromotoren oder Wärmepumpen ersetzt werden. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen stützt sich hauptsächlich auf Wasserkraft und Fotovoltaik. Die Wasserkraftproduktion in der Schweiz konzentriert sich derzeit weitgehend auf den Alpenbogen in den Kantonen Wallis, Graubünden, Tessin und Uri.

Herausforderungen für die Zukunft

Die Zukunft ist also von grossen Herausforderungen geprägt. Die Erzeugung von Elektrizität mithilfe von Sonnenenergie hat erhebliche saisonale Auswirkungen. Als Konsequenz ist es wichtig, Produktions- sowie Verbrauchsspitzen zu bewältigen. In dieser Hinsicht werden internationale Vereinbarungen und eine gute Koordinierung der verschiedenen Akteure eine wichtige Rolle spielen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, dass die Photovoltaikmodule hauptsächlich in China oder Indonesien hergestellt werden und derzeit eine hohe Nachfrage besteht. Nicht zuletzt erzeugt die Verbreitung dieser neuen Technologien ein grosses Interesse nach neuem Personal, das für die Durchführung der Installationen und deren Wartung zuständig ist.
Ein weiteres Element, das die Netzbetreiber berücksichtigen müssen, ist die Erzeugung von Energie sowohl von oben durch grosse zentrale Anlagen, als auch von unten, durch Anlagen von Privatpersonen, die Energie in das Netz einspeisen. Letzteres muss insbesondere während Spitzenzeiten gesteuert werden.
Heutzutage halten wir es für selbstverständlich, dass das Licht und unsere Computer ohne Probleme funktionieren.

Dank der Präsentation von Dr. Roberto Pronini hatten wir die Gelegenheit, ein besseres Verständnis über die spannende Komplexität hinter der Erzeugung und Lieferung von Strom zu gewinnen.

Azienda Elettrica Ticinese (AET)

Die 1958 gegründete Azienda Elettrica Ticinese ist ein staatliches Unternehmen, das sich mit der Stromerzeugung und der damit verbundenen Ökonomie befasst. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 300 Mitarbeitende. Die AET verfügt zusätzlich über einen Ausbildungscampus in Bodio, wo 50 Lehrlinge in drei Ausbildungsgängen ausgebildet werden: Fachkräfte in Automatik, Polymechanik und Produktionsmechanik. Die AET verwaltet im Tessin sechs Wasserkraftwerke, kontrolliert die Produktion von zehn Wasserkraftwerken. Sie hat 25 Solaranlagen gebaut und den ersten Windpark im Tessin errichtet, den wir demnächst besuchen und vorstellen werden.

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