Rigi: Die Königin der Berge und der Bergbahnen

OG Basel Alumni

Im Rahmen des ETH-Alumni-Events «150 Jahre Rigi Bergbahnen» am Donnerstag, 16. September 2021 stand eine Verkehrsexkursion zur Rigi auf dem Programm. Fast wäre die Tour ins Wasser gefallen - die Wettervorhersage an diesem Tag war denkbar schlecht!

von Annette v. Kieckebusch-Gück
Rigi

Die älteste Bergbahn Europas wird 150 Jahre alt. Angesichts dieses Jubiläums der Rigi-Bergbahnen nutzte die ETH Alumni Ortsgruppe Basel die Gelegenheit zu einer Erlebnisfahrt auf die Rigi mit der Lok 7.
Wir feierten die Exkursion in die Schweizer Zahnradbahntechnik und Wirtschaftsgeschichte mit einem Ausflug auf die Rigi. Die sogenannte „Königin der Berge“, zwischen dem Vierwaldstättersee und dem Zugersee gelegen, ist noch immer der vielseitigste Ausflugsberg der Deutschschweiz.

Erschliessung der Rigi

Es war gleichermassen ein Ausflug in die Schweizer Eisenbahntechnik und die lokale Wirtschaftsgeschichte der Rigi-Erschliessung. Auf einen frühen - internationalen - Tourismus zu Fuss und mit Maultieren folgten um 1860 weitblickende Pläne zur technischen Erschliessung der Rigi mit Dampfbahnen. Um 1870, zu Beginn der Belle Époque, entwickelte sich eine scharfe Rivalität der Rigi-Anrainerkantone Schwyz und Luzern um den Tourismus auf die Bergspitze. Dieser Kampf resultierte in der Eröffnung der Vitznau-Rigi-Bahn zur Rigi Kulm als erste Zahnradbahn Europas. Nach wenigen Jahren folgte die Arth-Rigi-Bahn, Jahrzehnte später die Seilbahn Weggis - Rigi Kaltbad.

Exkursion

Die Exkursionsleitung übernahmen Dr. Georg Funk, ETH, physikalischer Chemiker am Kompetenzzentrum für Computerwissenschaften und Guido Nigg, dipl. Ing. ETH und Recht Uni Basel, Bau und Recht GmbH. Am Donnerstag, 16. September 2021, fand bei wechselhaftem Wetter eine Rigi-Rundreise unter anderem mit der historischen Dampflok 7 von Arth-Goldau auf die Rigi sowie dem Raddampfer „Stadt Luzern“, dem Flaggschiff der Schifffahrtsgesellschaft-Vierwaldstättersee, von Vitznau nach Luzern statt.

Niklaus Riggenbach

Guido Nigg gewährte uns auf der Bergfahrt einen Einblick in das Wirken des Eisenbahnpioniers Niklaus Riggenbach, dem Vater der Zahnrad-Bergbahnen. Der aus dem Elsass stammende Riggenbach absolvierte in Basel eine Mechanikerlehre. Anschliessend führte sein Weg über Lyon und Paris 1844 in die Maschinenfabrik Emil Kessler nach Karlsruhe. Gebaut wurden dort damals die Dampflokomotiven der Spanisch-Brötli-Bahn (SNB). 1853 berief ihn die Schweizerische Centralbahn als Leiter und Maschinenmeister in ihre Reparaturwerkstätte nach Basel, die sich unter seiner Leitung zu einer Lokomotivfabrik entwickelte, in der auch die ersten sechs Lokomotiven der Vitznau-Rigi-Bahn hergestellt wurden.
Die Überwindung von Bergstrecken per Bahn war damals wegen der schwachen Rad-Schiene-Reibungskräfte problematisch bis unmöglich. Mit viel Erfindungsgeist entwickelte Riggenbach eine geniale Lösung in Form einer Leiterzahnstange als Mittelschiene. Die Bergbahn war geboren. 1871 konnte der Abschnitt Vitznau–Rigi-Staffelhöhe eingeweiht werden. Mit dem Bau dieser ersten europäischen Bergzahnradbahn galt Niklaus Riggenbach fortan als Begründer der Bergbahnen. Sein aufsehenerregendes Leiterzahnstangen- und Zahnradsystem wurde als System Riggenbach patentiert.

Lok 7

Vor der Abfahrt in Arth-Goldau konnte die legendäre Lok 7 beäugt werden, die 1873 in Betrieb genommen wurde und nun seit Jahrzehnten im Verkehrshaus Luzern wieder im Einsatz steht. Sie gehörte zu den ersten Lokomotiven, die die Rigi-Bahnen in Betrieb nahmen. In der Folge war sie 60 Jahre lang im Einsatz, ehe sie 1937 ausgemustert wurde, weil die Strecke Vitznau–Rigi Kulm elektrifiziert wurde. Im Jubiläumsjahr 2021 darf die Lok 7 als einzige Überlebende der Generation der Zahnradlokomotiven mit Stehkessel wieder den Berg bewältigen, nachdem das Getriebe der Lok 7 im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern derart angepasst wurde, dass es auf die neuen Zahnstangen passt. Die Lok 7 besteht heute noch zur Hälfte aus Originalteilen, unter anderem gehören dazu der Rahmen, die Dampfmaschine, der Tender und eine der Achsen. Neu sind das Getriebe und der Kessel. Der Führerstand, auf dem auch der Heizer nachlegt, wurde erneuert.

«Höchst»-Geschwindigkeit

Laut schnaufend arbeitete sich die qualmende Lok mit dem stehenden Kessel die steilen Hänge der Rigi hinauf. Dabei verbraucht die Dampflok auf der Strecke von Arth Goldau nach Rigi Kulm durchschnittlich 250 Kilogramm Kohle und 2'000 Liter Wasser und erreicht eine «Höchst»-Geschwindigkeit von neun Kilometer pro Stunde, was immer wieder spöttische Kommentare hervorrief. Auf der offenen Plattform der Lok 7 konnten offensichtlich nur in blaugestreiften Arbeitsanzügen Gekleidete mitfahren, dennoch herrschte dort ein Gedränge. Wir konnten unsere Sitzplätze in den historischen Wagen einnehmen.

Rigi Kulm, der Berggipfel, liegt auf Schwyzer Kantonsgebiet, was die Erschliessung des Berges von der Luzerner Seite erschwerte. 1868, noch vor Erschliessung der Rigi mit einer Bahn, eröffnete das heute nicht mehr existierende Nobelhotel Rigi Kulm, in dem wir früher die Mittagsrast pflegten.

Königin der Berge

Pro-Rigi-Präsident Urs Galliker gab im Regen vor dem Hotel Rigi Kulm statt einer Exkursion einen geologischen und kulturhistorischen Abriss der „Königin der Berge“.
Nach dem Essen erklärte Urs Galliker, wie hauptsächlich drei geologisch-tektonische Einheiten (von Nordwesten nach Südosten) am Aufbau der Rigi beteiligt sind: vom Reuss-Gletscher aufgeschobene subalpine Molasse, subalpiner Flysch und die helvetische Randkette. Durch einen Vorschub der helvetischen Decken vor fünf Millionen Jahren wurden die Molasse Ablagerungen am Alpennordrand um 15 bis 25 Kilometer vorgeschoben, schiefgestellt und gefaltet. Diese Zone wird subalpine Molasse genannt. Ihre Oberflächenformen sind charakteristisch: Es sind langgestreckte Höhenzüge, in denen kahle, schiefgestellte Nagelfluh Rippen – die Riginen - mit bewachsenen Mergellagen abwechseln. Die raschere Verwitterung der weicheren Mergel- und Sandsteinschichten zwischen den harten Nagelfluh-Rippen liess die typische Terrassenlandschaft der Rigi entstehen.
An der Rigi wachsen etwa 890 Blütenpflanzenarten, 300 Arten Flechten und 100 Moose. Hier sind noch 37 Orchideenarten heimisch. Der Wald erstreckt sich über 1200 Höhenmeter, an steilen, für die Landwirtschaft ungeeigneten Hängen praktisch um den gesamten Berg.

Auf nach Rigi-Kaltbad

Bei Starkregen fuhren wir - diesmal mit der roten Vitznau-Rigi-Bahn - nach Rigi-Kaltbad. Die geologisch-geotechnischen Probleme im Lockergestein und im Felsen erörterte Herr Galliker: Infolge differentieller Bewegungen und Setzungen im Untergrund, der Kaltbad-Rutschung, kommt es immer wieder zu Abbrüchen. Eingebettet zwischen Felswänden stellt die Felsenkapelle St. Michael für viele einen Kraftort dar. Den angeblich atemberaubenden Blick vom „Känzeli“ über den Kreuztrichter des Vierwaldstättersees konnten wir bei Regen und Nebel leider nicht geniessen.

Herr Funk Senior erklärte die Vermessungprobleme, die beim Bau der Luftseilbahn Weggis - Rigi Kaltbad zu lösen waren: Von keinem Punkt der Trasse konnte sowohl die geplante Talstation als auch die geplante Bergstation angepeilt werden. GPS gab es damals noch lange nicht. Auch die Errichtung des grossen Betonmasts kurz vor der Bergstation war eine Herausforderung. Er musste senkrecht stehend betoniert werden und dann durch Entfernung von Keilen in die erforderliche Neigung in Richtung Tal gekippt werden.

Schifffahrt

Dann mussten wir leider schon Abschied vom Berg nehmen und die Talfahrt nach Vitznau antreten, vorbei an den eindrücklichen Rigini, den markanten „Rigi-Nagelfluh Bändern“, um den Raddampfer, die „Stadt Luzern“ und deren noblen Salon, zu erreichen. Die Schifffahrt mit dem Raddampfer eröffnete eine atemberaubende Aussicht auf den Bürgenstock, den Pilatus und die Stadt Luzern.
Ab Luzern ging es nach einem gemütlichen Zusammensein im KKL-Café mit dem Zug wieder zurück ins Baselbiet, diesmal war auch Hans mit dabei!

Herzlichen Dank

Wir möchten an erster Stelle Georg Funk und Guido Nigg danken, die diese interessante und schöne Exkursion auf die Rigi für uns Alumnae und Alumni ermöglicht haben. Dank der vielen Informationen, die uns durch Guido, Georgs Vater und Herrn Galliker zuteilwurden, wurde die Teilnahme an der Exkursion für uns alle erst zu einem echten Genuss, der unseren Horizont erweiterte.

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