Elena Roos: «Ich würde mir heute raten, mir nicht mehr so viel Druck aufzubürden.»

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ETH Alumna Elena Roos absolvierte ihren Bachelor und Master in Gesundheitswissenschaften an der ETH. Bekannt ist die Tessinerin aber vor allem durch ihre Erfolge als Orientierungsläuferin. 2021 hat sie nach einem Jahr ohne internationale Anlässe neben vielen weiteren hervorragenden Leistungen ihre erste Einzelmedaille an einer Europameisterschaft geholt. Parallel zu ihrem Beruf als Spitzenathletin arbeitet Elena in der Leistungsdiagnostik und als Athletiktrainerin.

Elena Roos
Copyright: Sandro Anderes

Auch wenn Du die Saison etwas früher als erwartet beenden musstest, kannst Du auf viele grossartige Erfolge dieses Jahr zurückblicken, herzlichen Glückwünsch! Was sind Deine Highlights 2021?

Als erstes würde ich sicher meine Silbermedaille im OL-Einzelsprint an der diesjährigen Sprint-Europameisterschaft in Neuchâtel nennen. Natürlich freue ich mich auch sehr über meine weiteren Medaillen in internationalen Staffelrennen (EM und WM) dieses Jahr, wo das Team in einem sonst als Einzelteam bekannten Sport im Vordergrund steht. Aber auf diese Einzelmedaille im Sprint habe ich jetzt lange hingearbeitet und deshalb freue ich mich umso mehr, ist es nun an der diesjährigen Heim-EM für mich aufgegangen.

 

«Auf diese Weise bieten sich mir mit meinen Abschlüssen unterschiedliche Möglichkeiten in der Berufswelt an.»Elena Roos

Du hast an der ETH Deinen Bachelor und Master in Gesundheitswissenschaften absolviert. Was hat Dich zu diesem Studium bewogen?

Anfangs wollte ich an der ETH Bewegungswissenschaften studieren, da ich Sportlehrerin werden wollte. Als Tessinerin hat es mich zudem nach Zürich gezogen. Mein Studium habe ich im Jahr 2011 begonnen, als es gerade in «Gesundheitswissenschaften» unbenannt worden ist. Ich habe mir dazumal nicht gross überlegt, ob diese Umbenennung eingreifende Umstrukturierungen zur Folge hätte. Und da Orientierungslauf bereits dazumal ein wichtiger Bestandteil meines Lebens war, ist es mir entgegengekommen, dass mein Studium sowohl auf Sport als auch auf Gesundheit ausgerichtet war.
Rückblickend war dies sicher eine gute Entscheidung. Beispielsweise konnte ich in meiner Masterarbeit mein Wissen als Gesundheitswissenschaftlerin mit demjenigen als Sportlerin verbinden. Ich führte eine Laborstudie im Bereich der Leistungsdiagnostik über zwei unterschiedliche Intervallformen im Hinblick auf ihren Trainingseffekt durch. Nach dem Masterabschluss habe ich das Lehrdiplom angehängt. Auf diese Weise bieten sich mir mit meinen Abschlüssen unterschiedliche Möglichkeiten in der Berufswelt an.

Was hat Dich dazumal motiviert, Studium und Sport gleichzeitig weiter zu verfolgen?

Als ich mein Studium begann, war ich gerade nicht mehr im Juniorinnenkader und hatte den Sprung ins Elitekader nicht auf Anhieb geschafft. Das war für mich dazumal sicher keine einfache Ausgangslage. Da jedoch in Zürich das Nationale Leistungszentrum (NLZ) für Orientierungslauf stationiert ist, konnte ich auch während des Studiums am Sport auf hohem Niveau dranbleiben.
Wenn ich nicht an der ETH in Zürich studiert hätte, hätte ich vielleicht nicht die gleiche Motivation verspürt. Zudem kam es mir entgegen, dass alle meine Mitstudierenden sportinteressiert waren. So fand ich denn auch schnell Gleichgesinnte und Freunde, die über den Mittag wie ich einem Sport nachgingen, sei es während einer Laufrunde oder im ASVZ. Es war normal, zu trainieren.
Weil ich dann im Verlauf meines Studiums im OL immer besser wurde und so wieder an der Elite anknüpfen konnte, wurde ich wahrscheinlich irgendwann ein wenig zum «Extremfall». Das Verständnis für mich und meine häufige Abwesenheit war jedoch immer vorhanden.
Im Nachhinein war es für mein «akademisches» und «privates» Leben sogar gut, durfte ich zwei «normale» Studienjahre verbringen und so auch das richtige Studierendenleben geniessen. Ich habe nicht das Gefühl, etwas in meinem Leben bis jetzt verpasst zu haben.

 

«Eigentlich ist es dasselbe wie nach den Prüfungen an der ETH. Im Nachhinein fühlt es sich gar nicht so schlimm an.»Elena Roos

Momentan arbeitest Du neben Deiner Karriere als Orientierungsläuferin flexibel in Teilzeit. Was heisst es, als Spitzenathletin Beruf und Training unter einen Hut zu bringen? Wie muss man sich einen Tag in Elenas Leben vorstellen?

Wenn ich nicht gerade an Wettkämpfen oder Trainingslagern teilnehme, arbeite ich sowohl in der Leistungsdiagnostik im externe Seite Sportzentrum Kerenzerberg als auch als Leiterin von Athletiktrainings für Tennisspielerinnen und -spieler bei externe Seite PK Coaching. Daneben übernehme ich manchmal zusätzlich Stellvertretungen für Sportunterricht.
Bei mir sieht deshalb kein Tag wie der andere aus. Der grösste Anteil am Alltag hat sicherlich mein Training. Oft ist es organisatorisch gar nicht so einfach, Training und meine zusätzlichen Jobs in die Planung zu integrieren.
Manchmal denke ich, dass ich beinahe mehr Zeit für die Planung benötige, als dass mir gesamthaft Zeit für alle Termine zur Verfügung steht. Es ist für mich nicht immer einfach, eine gute Balance zwischen meinen Anwesenheitszeiten und dem Stellenpensum zu finden.

Im Frühling hat die ETH Alumni Vereinigung eine Gesundheitskampagne unter dem Hashtag AlumnigETHealthier gestartet, um in Zeiten der Pandemie Inputs zu Bewegung, Ernährung und Erholung zu bieten. Wie hat die Pandemie Deinen Alltag im letzten Jahr beeinflusst?

Es fanden keine Wettkämpfe statt, weshalb ich mich über ein Jahr lang nicht auf internationalem Feld mit meinen Konkurrentinnen messen konnte. So wusste ich erst an der diesjährigen Sprint-EM, in welcher Form ich mich befand. Da sich auch alle meine Teilzeitstellen auf Sport ausrichten, stand ich im Frühling 2020 zudem plötzlich ohne Arbeit da.
Dennoch konnte ich auch viel Positives aus dieser Zeit mitnehmen. Eigentlich ist es dasselbe wie nach den Prüfungen an der ETH. Im Nachhinein fühlt es sich gar nicht so schlimm an.  

Hast Du für unsere Leserinnen und Leser noch persönlich einen Tipp, wie sie Bewegung besser in ihren Alltag integrieren können?

Ich persönlich gehe natürlich oft Laufen. Mir tut diese Bewegung sehr gut, nicht nur des Trainings wegen, sondern auch, um den Kopf zu lüften. Die wichtigsten Entscheidungen in meinem Leben habe ich bislang noch immer im Wald während dem Laufen getroffen. Das gelingt selbstverständlich auch während eines Spaziergangs!

Wenn Du nochmals vor dem Studienanfang stehen würdest. Welchen Rat würdest Du Dir geben?

Im Nachhinein vermisse ich die Zeit während meinem Studium oft. Ich fand mein Studium sehr interessant, und es war so einfach, Freunde zu treffen und mit ihnen Zeit zu verbringen. Dazumal habe ich das natürlich meist anders wahrgenommen, alles war sehr streng, und ich hatte viel zu tun. Aber eigentlich ist es die beste Zeit im Leben! Ich würde mir heute raten, mir nicht mehr so viel Druck aufzubürden. Es hat mich teilweise gestresst zu sehen, dass meine Mitstudierenden mehr Zeit hatten, um sich auf eine Prüfung vorzubereiten. Mittlerweile ist mir bewusst, dass viele davon vielleicht einfach eine Stunde länger auf ihren Büchern geschlafen hatten, während ich trainierte.  

Elena Roos

Elena Roos ist seit 2015 Teil des externe Seite Schweizer OL-Kaders und hat seither unzählige Erfolge auf internationalem Niveau erzielen können. Auf ihrer eigenen externe Seite Homepage hält sie ihre Highlights fest und gibt Einblicke in ihren Alltag als Spitzenathletin.

 

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