Nina Bonassi: «Meine Arbeit bei Atlas der Schweiz beinhaltet viele verschiedene Aspekte, das macht sie sehr spannend.»
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ETH Alumna Nina Bonassi absolvierte an der ETH den Bachelor und Master in Geomatik. Aktuell arbeitet sie am ETH Institut für Kartografie und Geoinformationen. Sie arbeitet bei Atlas der Schweiz als wissenschaftliche Redaktorin mit, einer Initiative des Bundesrats aus dem Jahr 1961. In diesem Interview erzählt sie über ihren Werdegang und ihre Motivation.
Was wolltest Du als Kind werden?
Als Kind hatte ich einen Comic Band der Odyssey, damit fing meine Faszination für die Griechen an. Das ging dann weiter zu den Mathematikern und Philosophen der Zeit. Ich war erst sieben und klar verstand ich nicht alles, aber daraus ergab sich mein Berufswunsch für die Archäologie. Alte Kulturen, Steine oder Fossilien interessierten mich.
Mathematik kann man an der ETH gut gebrauchen. Du hast den Bachelor und Master in Geomatik abgeschlossen. Was hat Dich an die ETH gebracht?
Der Weg führte nicht direkt an die ETH, nach der Matura interessierte mich immer noch alles. Aufgrund meiner Leistungen zeigte sich keine Tendenz, die mir hätte helfen können. Damit ich mich konzentrieren kann, brauche ich Herausforderungen. Also fing ich in Bern ein Physik Studium an. Nach einem Jahr fand ich, dass ein Studium mit nur Mathematik und Physik zu wenig breit ist. Also schaute ich mich wieder um, und einen Tag vor Anmeldeschluss stiess ich unter anderem auf dieses Geomatik-Studium an der ETH. Andere Studiengänge der ETH fand ich auch noch spannend. Ich entschied mich für Geomatik, weil es das Studium ohne Chemie war (lacht). Bei der ganzen Breite an Interessen, die ich hatte, schloss ich Chemie als einziges Fach aus.
«Das Studium gab mir ein breites Fachwissen mit, das ich jetzt gut einsetzen kann.»Nina Bonassi
Hast Du den Wechsel von Physik zur Geomatik bereut?
Nein, eigentlich nie. Während des Geomatik-Studiums interessierte ich mich sehr für Geophysik und Satellitengeodäsie. Ich merkte dann aber, dass es mir teilweise zu komplex wurde. Insofern weiss ich nicht, wie weit ich in einem reinen Physik-Studium gekommen wäre. Geomatik bietet ein viel breiteres Spektrum: Bei Themen wie Raumplanung braucht man andere Fertigkeiten, und das tat mir dann gut. Eine solche Breite gab es in der Physik nicht.
Aktuell bist Du wissenschaftliche Redaktorin bei Atlas der Schweiz an der ETH. Wie hat Dir der Abschluss beim Berufseinstieg geholfen?
Da ich mir das Studium selbst finanzierte, arbeitete ich nebenbei noch drei Tage in der Woche. Die erste Basisprüfung musste ich verschieben, weil ich krank wurde. Weil ich keine Zeit «verlieren» wollte, quetschte ich wie zwei Semester in eines, was recht intensiv war. Nach der Masterarbeit war ich daher erschöpft. Ich hatte eine Hilfsassistentenstelle am Institut für Kartographie und Geoinformation, welche ich nicht gleich aufgab, um mich wieder zu sammeln.
Als ich für ein Zwischenzeugnis anfragte, wies mich der Professor auf eine freiwerdende Stelle am Institut hin. Ich bewarb mich regulär und setzte mich gegen 40 Mitbewerberinnen und Mitbewerbern durch. Es war sicher ein Vorteil, dass sie mich, meine Ausbildung und meine Leistungen schon kannten. Das Studium gab mir ein breites Fachwissen mit, das ich jetzt gut einsetzen kann.
«Die verschiedenen Interessen, die ich schon immer hatte, kann ich weiter vertiefen.»Nina Bonassi
Was beinhaltet Deine Arbeit bei Atlas der Schweiz?
Das Projekt externe Seite Atlas der Schweiz wurde 1961 vom Bundesrat als Nationalatlas initialisiert. Damals gab es einen gedruckten Atlas zur Schweiz mit verschiedenen Themen wie zum Beispiel Geologie, Natur und Umwelt oder statistische Information zur Bevölkerung. Als Basis nimmt man Daten von verschiedenen Bundesämtern und stellt sie kartografisch dar.
2000 wurden die Karten digitalisiert und als CD-ROM zur Verfügung gestellt. 2016 wurde die jetzige online Version lanciert. Das war kurz vor meinem Einstieg. Das Neue an dieser Version ist, dass sie auf einem Globus basiert. Man projiziert also die Karten auf diesen Weltatlas. Wir bearbeiten Themen, welche nicht nur die Schweiz, sondern auch Europa oder die ganze Welt betreffen.
Meine Arbeit ist also sehr breit: Ich bereite die Daten auf, teilweise recherchiere ich auch und stelle sie dar. 3D-Diagramme oder -Modelle sind dabei ein grosses Thema. Gerade eben habe ich ein Modell zur weltweiten Lichtemission seit 1992 fertiggestellt. Als Basis habe ich Satellitendaten genommen. Vor einiger Zeit habe ich die helvetische Revolution aufgearbeitet, es gibt nun eine Darstellung des Durchmarsches der napoleonischen Truppen und den Schlachtfeldern. Oder um die Verbreitung des Coronavirus zu zeigen, haben wir ein 3D Modell erstellt.
Um die zu bewerkstelligen, arbeiten wir wie schon erwähnt mit fast allen Ämtern der Schweiz zusammen. Wir bereiten die Daten nochmals speziell auf. Einige Statistiken gehören zu unserem Auftrag, die müssen wir machen. Wir haben aber Freiheiten und können mit verschiedenen Daten spielen.
Das finde ich spannend an meinem Job: Wir haben alle ein bestimmtes Weltbild und glauben, Zusammenhänge zu kennen. Wenn man das ausschaltet und nur die Daten anschaut, dann ergibt sich teilweise ein ganz anderes Bild. Ich wurde schon oft überrascht. Meine Arbeit bei Atlas der Schweiz beinhaltet viele verschiedene Aspekte, das macht sie sehr spannend. Die verschiedenen Interessen, die ich schon immer hatte, kann ich weiter vertiefen.
Hast Du einen Tipp an die Studierenden?
Findet etwas, was Euch wirklich interessiert, und zieht es durch. Stetiges Suchen und Wechseln sind nicht gut. Wenn es nicht passt, dann brecht ab. Ich bin überzeugt, dass man viel mehr leisten kann, als man denkt. Das Wichtigste aber ist, dass man motiviert ist oder ein Ziel hat. Auch wenn das Ziel der Abschluss ist.
Teil meines Jobs ist es zu unterrichten. Ich habe das Gefühl, dass die Studentinnen und Studenten fokussierter, aber auch geforderter sind als noch vor zehn Jahren. Das war zu meiner Zeit noch nicht so ausgeprägt, beziehungsweise eine konkrete Richtung ergab sich für die meisten im Laufe des Studiums. Mein Eindruck ist, dass sich das im Vergleich zu meiner Zeit verändert hat.