Welchen Beitrag können e-Fuels bei der Dekarbonisierung der Mobilität leisten?

Alumni Focus

Am 13. April findet ein Focus Event zum Thema Dekarbonisierung der Mobilität – Beitrag von e-Fuels statt. Über 20 Teilnehmende hören gespannt den Ausführungen von Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa, und Philipp Good, Chief Research Officer bei Synhelion, zu. Stephan Renz, Leiter des Forschungsprogrammes «Verbrennungsbasierte Energiesysteme» vom Bundesamt für Energie, moderiert das Webinar.

Synhelion

Einige Fakten zum Thema Dekarbonisierung

Stephan Renz eröffnet nach einer kurzen Einführung das Webinar mit einem Überblick über die Diskussion rund um Verbrennungsmotoren. In der Tagespresse ist das Thema regelmässig seit den achtziger Jahren zu finden. Auslöser dafür ist die CO2 Thematik, da der weltweite Verbrauch von Energie im Transportwesen kontinuierlich steigt. Er zeigt auch eine Übersicht, welche Transportmittel wie viel Energie nachfragen. Die weltweite Produktion von Biotreibstoffen ist in dieser Aufstellung verschwindend klein.

Wo ist die Politik in dieser Diskussion zu finden, beziehungsweise was für Gesetze gibt es? International besteht mit dem Pariser Abkommen ein Konsens zwischen 195 Ländern, die globale menschengemachte Erwärmung auf unter 2 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Werten zu begrenzen. Gewisse Länder wie China, Indien aber auch Norwegen oder Frankreich sehen ein Verbot von Verbrennungsmotoren vor. Auch sollen verschiedene Quellen erneuerbarer Energie ausgebaut werden. In der Schweiz wird im Juni 2021 über das CO2-Gesetz abgestimmt.

e-Fuels sind eine Notwendigkeit

Christian Bach von der Empa sieht e-Fuels als Notwendigkeit für die Dekarbonisierung der Mobilität. Die Zielvorgabe ist, dass die Schweiz bis 2050 den CO2-Ausstoss auf Netto Null senkt. Damit ist die Schweiz aber noch nicht klimaneutral, da über 60 Prozent der von der Schweiz verursachten CO2-Emissionen im Ausland ausgestossen werden. e-Fuel stellen eine Möglichkeit dar, unsere Emissionen im Ausland wie zum Beispiel im Flug- und Schiffsverkehr aber auch in der produzierenden Industrie zu reduzieren.

Analysen zum Betrieb von Personenwagen zeigen, dass 70 Prozent der Fahrten kürzer als 45 Kilometer sind. Für diese Fahrten bieten sich Elektromobile an. Diese Fahrten machen insgesamt aber nur 30 Prozent der gefahrenen Kilometer aus. Das heisst auch, dass die 30 Prozent längsten Fahrten ungefähr 70 Prozent der Laufleistung erbringen. Entscheidend für die Dekarbonisierung des Strassenverkehrs ist deshalb, ob die Langstreckenmobilität auf erneuerbare Energie umgestellt werden kann. Anders als bei Kurzstreckenanwendungen ist das nicht primär eine Frage der Fahrzeuge, sondern der Infrastruktur. In diesem Bereich stellen e-Fuels einen Lösungsansatz dar.

Tieferer CO2-Austausch, aber höhere Kosten

Erneuerbare Energien verursachen weniger CO2, die Kosten sind aber höher. Anhand einer Grafik zeigt Christian Bach den Vergleich der verschiedenen Lösungen. Damit Emissionen also sinken, ist mit höheren Kosten zu rechnen. Elektroautos werden sich für Kurzstrecken etablieren, weil sie dort die günstigste Lösung darstellen. Für Langstrecken sind Lösungen im Bereich der synthetischen Energieträger kostengünstiger.

Die Entwicklung des Flugverkehrs darf in der ganzen Diskussion nicht vergessen werden. Es ist zu befürchten, dass um 2030 die CO2-Emissionen des schweizerischen Flugverkehrs diejenigen des Personenwagenverkehrs übersteigen werden. Damit die CO2-Einsparungen im Personenverkehr nicht durch den steigenden Flugverkehr kompensiert werden, sind auch da synthetische Treibstoffe unumgänglich.

Was sind e-Fuels, und wie hoch sind die Kosten?

In einem zweiten Teil erläutert Christian Bach die verschiedenen Herstellungsverfahren von e-Fuels. Der "Strom-zu-e-Fuel"-Wirkungsgrad liegt aktuell zwischen 45 und 55 Prozent. Dieser sollte in Zukunft noch etwas gesteigert werden können. Aber grundsätzlich ist der schlechte Wirkungsgrad von e-Fuels ihr Nachteil. Der Vorteil liegt im Transport, der gut möglich und kostengünstig ist. Infrastrukturen, Marktmechanismen, Normen oder Produkte sind vorhanden. Dies ermöglich auch die Erschliessung abgelegener energetischer Ressourcen.

e-Fuels weisen hohe Investitionskosten auf. Diese sinken allerdings bei steigender Grösse der Anlagen. Daher müssen Massnahmen ergriffen werden, damit die Preise am Anfang nicht zu hoch sind. Christian Bach präsentiert abschliessend ein Umlageverfahren, das für e-Fuels - selbst mit Mineralölsteuer - nur sehr moderat steigende Endkundenpreise aufweist und den vollständigen Ersatz der verbleibenden fossilen Treibstoffe ermöglicht.

Solare Treibstoffe: inspiriert von der Natur

Philipp Good von Synhelion eröffnet seine Präsentation mit einer Darstellung, welche den Flugverkehr über Nordamerika aufzeigt. Das «Problem» der Flugzeuge sieht er in der langen Betriebsdauer. Selbst wenn man Flugzeuge mit alternativen Antriebskonzepten entwickelt, nimmt die Umstellung eine längere Zeit in Anspruch. Nachhaltige Lösungen müssen daher nicht nur die globale Nachfrage abdecken, sondern auch mit der existierenden Infrastruktur kompatibel sein.

Er vergleicht die Produktionsformen von Biofuels und Strom zu e-Fuel mit der Synhelion Methode. Der ETH Spin-off nutzt Sonnenenergie zur Erzeugung von Hochtemperatur-Prozesswärme für die thermochemische Spaltung von Wasser und CO2 in Synthesegas. Damit wird die Prozesskette gegenüber der Produktion von e-Fuels aus Strom verkürzt. Mit dieser Methode macht Synhelion den Verbrennungsprozess rückgängig und schliesst den CO2-Kreislauf.

Nutzung des Treibhauseffekts

Die Technologie von Synhelion basiert auf drei Kerninnovationen: einem solaren Receiver, der das durch eine Vielzahl von Spiegeln hochkonzentrierte Sonnenlicht empfängt und in nutzbare Prozesswärme umwandelt, einem thermochemischen Reaktor, der – angetrieben durch die Prozesswärme – Synthesegas herstellt, sowie einem Wärmespeicher.

Das Konzept des Receivers beruht auf dem Treibhausgaseffekt, somit wird aus einem «Feind» ein Freund. Durch die Absorption von Infrarotstrahlung werden Treibhausgase wie Wasserdampf oder CO2 auf Temperaturen bis zu 1'500°C erhitzt und als Wärmeträgermedium verwendet. Im gleichen Zug werden so die Wärmeverluste minimiert. In einem Pilotprojekt wurden 2020 sogar Temperaturen bis zu 1’550°C erreicht.

Sonnenenergie ist standortgebunden und damit nicht 24 Stunden erhältlich. Dafür findet Synhelion allerdings eine Lösung: Einen Teil der am Tag erzeugten Hitze wird gespeichert, um sie während der Nacht einzusetzen. Damit kann der Reaktor für die Synthesegasproduktion und die nachgeschaltete Fischer-Tropsch-Synthese zur Herstellung von flüssigen Treibstoffen kontinuierlich betrieben werden.

Entwicklungen bei Synhelion

Synhelion plant per 2023, eine wettbewerbsfähige Lösung zu fossilen Brennstoffen durch «Solar Upgrading» anzubieten. Dank der hohen Effizienz sind die Kosten tiefer, dazu können die CO2-Emissionen zwischen 50 und 100 Prozent gesenkt werden. Per 2027 ist ein weiterer Entwicklungsschritt geplant, damit die durch Synhelion hergestellten Treibstoffe komplett CO2-neutral sein werden.

Bis 2030 könnte Synhelion rund 50 Prozent des Schweizer Bedarfs an Flugzeugtreibstoff durch solare Treibstoffe abdecken. Dafür wird ein Preis von einem Euro pro Liter angestrebt. Zehn Jahre später soll das Produktionsvolumen für rund 50 Prozent des Treibstoffbedarfs des europäischen Flugverkehrs reichen.

Aber eins nach dem anderem: Philipp Good erklärt, dass als nächster Schritt eine Pilotanlage mit 1'000 Quadratmetern Spiegelfläche geplant ist. Diese produziert ungefähr 10'000 Liter Treibstoff pro Jahr. Der Flughafen Zürich ist an der Technologie interessiert und als Abnehmer dieser Menge bereits vorgesehen.

Viele Fragen

Das Thema bietet viele spannende Aufgaben für die Zukunft. Die Teilnehmenden haben viele Fragen, welche von den Experten kompetent beantwortet werden.

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