Nachhaltig anlegen und vorsorgen ist keine Hexerei
Alumni Empowering
Nachhaltige Anlagen sind im Trend: 2019 sind die nachhaltigen Anlagen in der Schweiz um 62 Prozent gegenüber 2018 gestiegen. Was aber heisst nachhaltig anlegen? Wann ist der richtige Zeitpunkt zu investieren? Was ist bei nachhaltigen Anlagen wichtig? Braucht es dafür grosse Beträge? Über das und vieles mehr klärte Olga Miler am 5. November in einem Online-Seminar auf. Der Event erfreute sich grosser Nachfrage und war ausgebucht.
Olga Miler kennt sich mit Finanzen aus: Sie weist eine langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung aus und setzt sich seit vielen Jahren für Finanzbildung ein. Nachhaltigkeit und Gender-Smart Investing sind für sie Herzensangelegenheiten. So sagt sie anfangs des Webinars auch gleich: «Nachhaltig investieren und vorsorgen ist keine Hexerei.» Sie hat zwei Stunden Zeit, die rund 60 teilnehmenden ETH Alumni davon zu überzeugen.
Was ist nachhaltig anlegen?
Bevor es mit dem Thema vertieft losging, wirft Olga die Frage in die Runde, was denn nachhaltige Anlagen seien. Die Teilnehmenden äussern sich verschiedentlich dazu: Investitionen, welche die Umwelt nicht schädigen oder Lösungen gegen die Umweltverschmutzung anbieten. Soziale Komponenten seien wichtig, damit keine Kinderarbeit oder sklavenähnliche Anstellungsbedingungen unterstützt würden. Einem Teilnehmer sei die Förderung von Frauen ein wichtiges Kriterium. Das breite Spektrum wird bestätigt: Die Definition von nachhaltig sei persönlich, aber manchmal brauche es Kompromisse.
Ein wenig Theorie: Warum lohnt es sich anzulegen?
Anlegen lohnt sich. Jede und jeder hat Ziele und Bedürfnisse im Leben, welche sich mit den Jahren verändern. Olga nennt es das Lebens-Geld-Portfolio. Mit guter Planung der Anlagen erreicht man die Ziele schneller. Aufgrund der aktuellen Zinslage bringen Sparkonti nicht wirklich viel.
Ist aufgrund der aktuellen Coronakrise jetzt eine gute Zeit zu investieren? Momentan erholen sich die Kurse noch vom Taucher im Frühling. Generell gilt: Es ist immer eine gute Zeit anzufangen. Wichtig ist der Anlagehorizont: Ein Chart zeigt, dass die Entwicklungskurve seit 1860 immer aufwärts zeigt. Ersichtlich sind beispielsweise die grosse Depression in den 1920er Jahren oder der Banken Crash in den 2000er Jahren. Die Märkte erholen sich mehr oder weniger schnell, der Trend zeigt aber kontinuierlich nach oben.
Ertrag – Risiko – Verfügbarkeit
Ein bisschen Magie in Form eines Dreiecks ist dann doch dabei: Olga stellt das magische Dreieck Ertrag – Risiko – Verfügbarkeit vor. Der Anlagehorizont beziehungsweise die Verfügbarkeit beeinflusst das Risiko. Je länger die Anlage investiert wird, desto grösser die Chance auf eine zukünftige Rendite. Eine Untersuchung zeigt: Die besten Investoren sind Verstorbene, die besten Investitionen sind in Vergessenheit geratene.
Wichtig ist auch eine Diversifikation des Portfolios: Anlegerinnen und Anleger können zwischen verschiedenen Kriterien wie Länder, Themen oder die Art der Investition auswählen. Deren Durchmischung bestimmt das Risiko mit: Je höher der Aktienanteil, desto höher das Risiko. Wer also auch in Obligationen investiert oder einen Teil in Bargeld hat, senkt das Risiko, aber damit auch den Ertrag. Zentral für jede Anlegerin und jeden Anleger ist zu wissen, wie hoch die eigene Risikotoleranz ist. Diese wird durch die persönliche Situation und emotionale Veranlagung beeinflusst. Um das herauszufinden, stehen online verschiedene Tests zur Verfügung.
Was sind nun nachhaltige Anlagen?
Bei Anlagen überträgt man Entwicklungen in die Investment Welt. Heute haben wir andere Herausforderungen wie noch vor einigen Jahrzehnten. Bei nachhaltigen Anlagen stehen messbare, positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft im Zentrum. Entweder identifiziert man nachhaltige Geschäftsmodelle oder der Fokus des Unternehmens ist nachhaltig ausgerichtet.
Für nachhaltige Anlagen haben sich ESG-Kriterien als Standard durchgesetzt. Diese drei Buchstaben beschreiben drei nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen:
- Umwelt / Environment
- Soziales / Social
- Unternehmensführung / Governance
Die Herausforderung ist, anhand der persönlichen Definition von Nachhaltigkeit und der eigenen Risikotoleranz das Richtige zu finden. Man kann selber Zeit, Wissen und Beträge investieren. Man schaut sich die Unternehmen an, Hilfe erhält man von Rating-Agenturen, welche nach den ESG-Kriterien bewerten. Mit diesen Rating-Agenturen ist es aber ein wenig wie mit den verschiedenen Öko-Labels: Es gibt viele, jede hat ihren Fokus und Stärken, eine Übersicht ist schwierig.
Delegieren der Anlageentscheide
Es gibt auch die Möglichkeit, das Anlegen zu delegieren. Momentan gibt es in der Schweiz
- 15 Robo Advisor, eine Art Shopping Assistant
- 1'500 ETFs (Exchange Traded Funds), passiv verwaltete Fonds und
- 10'000 Fonds, aktiv verwaltete Fonds.
Generell, aber besonders für kleine Beträge gilt: Wenn Investitionen aktiv, das heisst von Menschen, verwaltet werden, entfallen tendenziell höhere Gebühren. Die passive oder digitale Verwaltung, welche gewisse Kriterien befolgt, ist also in der Regel günstiger. Daher eigenen sich ETFs oder Robo Advisors für kleine Beträge sehr gut. Es gibt ETFs, welche die Fonds nach ESG-Kriterien ausrichten. Robo Advisors verwalten das investierte Geld automatisch nach definierten (nachhaltigen) Präferenzen.
Weitere zu berücksichtigende Kostenfaktoren, vor allem für diejenigen die selber Aktien und Fonds kaufen sind Depot- und Handling Gebühren, und wie viel ein Kauf oder Verkauf kostet. Wer investieren will, sollte auch wissen, wer hinter dem Angebot steht. Mit einer Bank geniesst man in der Schweiz beispielsweise den Anlegerschutz.
Viele Fragen
Zum Schluss zeigt uns Olga verschiedene Anbieter auf dem Schweizer Markt. Zu jedem hat sie eine kurze persönliche Einschätzung. Am Ende stellen die Teilnehmenden noch viele Fragen. Olga beantwortet alle geduldig und verständlich.
Fazit: «Keine Hexerei» ist wohl noch etwas übertrieben. Olga hat die ersten Schritte vorgezeigt, sich zurechtzufinden. Es werden sich nun sicher einige auf den Weg begeben.