Gabrielle Lods: «Frag Dich, was für Dich wichtig ist und wie Du nachhaltig arbeiten kannst.»
Alumni Porträts
Nachdem Gabrielle Lods Chemieingenieurwissenschaften an der EPFL studiert hatte, hat sie ihren Master in Management, Technologie, und Ökonomie an der ETH abgeschlossen. Jetzt führt sie ihr eigenes Projekt und die Marke "The Green Condom Club", um nicht-toxische Verhütungsmittel herzustellen. Gabrielle engagiert sich für einen offenen Diskurs über Sexualität, einschliesslich eines Online-Blogs, sowie für Transparenz bezüglich Inhaltsstoffe und Bedingungen, unter denen ihre Kondome hergestellt werden.
Du bist Gründerin des Projekts «Green Condom Club». Kannst Du uns darüber etwas erzählen?
Derexterne Seite «Green Condom Club» ist eine Marke für Kondome, welche auf meine Entdeckung zurückgeht, dass Kondomhersteller keine Inhaltsstoffe auf ihren Verpackungen angeben müssen, da es sich bei Kondomen um ein medizinisches Produkt aus Plastik handelt.
Als Frau möchte ich wissen, was in meiner Gesichtscrème drin ist, also möchte ich selbstverständlich auch wissen, was in einem Kondom drin ist. Nach meinen ersten Recherchen musste ich ziemlich irritiert feststellen, dass sich allem Anschein nach niemand wirklich mit diesem Thema auseinandersetzt. Ich nahm zunächst Kontakt zu Kondomlieferanten auf und wollte eine bestehende Marke weiterverkaufen. Daraus entstand ein Abonnementdienst. Im Laufe der Zeit ging ich mehr und mehr Partnerschaften ein, und der Absatz wuchs.
Zu diesem Zeitpunkt beschloss ich, meine eigene Marke zu lancieren.
Momentan ist der «Green Condom Club» definitiv am Wachsen. Wir sind aktuell in etwa 150 Geschäften in sechs Ländern zu finden. Mein Team und ich planen, bis Ende dieses Jahres unsere Ladenpräsenz weiter auszubauen, da wir neue Vertriebsverträge in mehreren neuen Gebieten abschliessen.
«Wir unterhalten einen Blog auf unserer Website, der vor allem auf sexuelle Gesundheit und Beziehungen ausgerichtet ist.»Gabrielle Lods
Auf welche Weise betreibst Du Marketing?
Wir machen zahlreiche unterschiedliche Dinge. Wir unterhalten einen Blog auf unserer Website, der vor allem auf sexuelle Gesundheit und Beziehungen ausgerichtet ist. Auf diese Weise versuchen wir, uns als zuverlässige Quelle für Verhütungsmittel und Sexualität zu etablieren.
Darüber hinaus unterhalten wir mehrere Partnerschaften, insbesondere mit der LGBTQ-Community (lesbisch, schwul, bisexuell und transgender) und SwissVeg, unsere Kondome sind vegan-zertifiziert. Natürlich sind wir auch auf den sozialen Medien aktiv. Dabei sind wieder aber auf einige Probleme gestossen: Wenn wir auf unsere Social-Media Plattformen sexbezogene Inhalte stellen, reagiert die Werbepolitik darauf, indem sie uns blockt. Das ist leider ein bekanntes Problem für sexbezogene Unternehmen.
Das ist schrecklich für die Rechte der Frauen, für die LGBTQ-Community und für einen offenen Diskurs über Sexualität, da sich solche Richtlinien letztendlich auf die sexuelle Gesundheit von Menschen auswirken. Es scheint also, dass unsere Arbeit sehr relevant ist, wenn wir dieses Thema voranbringen wollen.
Du hast zunächst an der EPFL Chemieingenieurwissenschaften studiert und dann an der ETH mit einem Master in Management, Technologie und Ökonomie abgeschlossen. Was hat Dich dazu bewogen, diesen Master an der ETH zu absolvieren?
Nachdem ich meinen Bachelor-Abschluss in Chemieingenieurwissenschaften gemacht hatte, bekam ich das Gefühl, an einem Ort zu sein, wo ich nicht hingehörte. Die meisten Leute mit einem Abschluss in Chemieingenieurwissenschaften arbeiten entweder in der Industrie oder in Labors. Und das war nicht das, was ich tun wollte. Eine Freundin von mir machte ihren Master in Zürich, also habe ich mir dieses Studium angeschaut. Es sah nach einer guten Ausrichtung für Leute aus, die wie ich die wissenschaftliche Denkweise ein wenig satt hatten.
Rückblickend kann ich sagen, dass ich während des Studiums zwar viele sehr interessante Aspekte über Management gelernt habe, dass mich dieses Studium aber nicht auf das wirkliche Leben einer Unternehmerin und alle damit verbundenen Herausforderungen vorbereitet hat. Aber damit kann ich leben. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich meine eigene Kondommarke haben würde, hätte ich es nie geglaubt!
Nichtsdestotrotz hat mir mein Studium an der EPFL und der ETH definitiv auch bei vielem sehr geholfen. Ein Abschluss an diesen Institutionen hat den grossen Vorteil, dass Journalist*innen meinen Bildungshintergrund lieben. Darüber hinaus verleiht mein Studium unserem Unternehmen eine Art Glaubwürdigkeitsstempel, da sowohl die ETH als auch die EPFL unter den Universitäten international zu den Besten gehören.
«Es ist uns gelungen, die Verkäufe auf unserer Website auf dem Niveau zu halten, auf welchem sie vor dem Lockdown waren.»Gabrielle Lods
Welche Auswirkungen hat die aktuelle COVID-19 Krise auf Euer Projekt?
Als wir dem ersten Lockdown im März ausgesetzt waren, schloss unser Schweizer Logistikzentrum seine Geschäfte, was wirklich ungünstig war. Denn obwohl wir geöffnet bleiben konnten, da wir unsere Verkäufe online abwickelten, hatten wir keinen Zugang mehr zu unseren Waren. Nach sehr komplizierten 24 Stunden und vielem Hin und Her richteten wir in meiner Wohnung ein Lager ein. Danach wirkte sich die COVID-19 Krise negativ auf unsere Verkaufsrate aus. Einige unserer Kund*innen sind Single; andere leben in Beziehungen, verwenden aber keine hormonelle Verhütung. Als Folge des Lockdowns sassen alle Singles zu Hause fest und hatten so keine grosse Verwendung für Kondome. Einige der Paare, die nun ebenfalls zu Hause festsassen, freuten sich darüber, mehr Zeit miteinander zu verbringen, andere weniger.
Deshalb mussten wir bei der Werbung und Kommunikation auf unserem Webblog relativ sensibel vorgehen.
Ich denke, das hat recht gut funktioniert. Es ist uns gelungen, die Verkäufe auf unserer Website auf dem Niveau zu halten, auf welchem sie vor dem Lockdown waren.
Welchen Rat würdest Du anderen Alumnae und Alumni mit auf den Weg geben?
Das erste, was einem in den Sinn kommt, ist, sich des Sexismus bewusst zu sein. Ganz gleich, wie gut Deine Ideen sind oder woher Du kommst, je nachdem, wer die Entscheidungen trifft, ist es möglich, dass Dir niemand zuhört.
Ein weiterer Punkt, den ich gerne ansprechen möchte, betrifft die Work-Life-Balance. Ich möchte Menschen dazu ermutigen, sich nicht nur auf die Arbeit zu konzentrieren. Es gibt so viele verschiedene wichtige Dinge im Leben. Frag Dich, was für Dich wichtig ist und wie Du nachhaltig arbeiten kannst.
Und mein letzter Ratschlag ist: Done is better than perfect. Warte nicht, bis Du für eine Stellenbeschreibung perfekt geeignet bist, warte nicht, bis Du die perfekte Idee hast oder alle Teile perfekt aufeinander abgestimmt sind. In den meisten Fällen ändern sich die Dinge sowieso mehrmals. Also fang bereits jetzt damit an, produktiv zu werden! Es wird immer genügend Zeit geben, sich anzupassen, wenn es nötig ist.
externe Seite Green Condom Club:
"Transparente Inhaltstoffe, keine giftigen Chemikalien, keine bösen Überraschungen!"