Reise zur emotionalen Kompetenz
Alumni Career
Emotionale Intelligenz wird heute als entscheidende Führungskompetenz angesehen, um gemeinsam ehrgeizige Ziele zu erreichen. Das Programm «Search Inside Yourself» liefert hierfür eine reiche Toolbox - streng neurowissenschaftlich fundiert.
Die Kurs-Ausschreibung der ETH Alumni versprach viel: Verständnis entwickeln, wie man emotionale Intelligenz trainieren kann, Einfühlungsvermögen steigern, schwierige Gespräche besser meistern und Mitmenschen besser verstehen. Und dies alles an sechs Abenden im Wochentakt in gesamthaft 12 Stunden, gefolgt von vier Wochen individueller Vertiefung. Um die Herausforderung noch etwas zu steigern, startete der Kurs mitten in der Corona-Krise – Video-Conferencing war angesagt. Keine Face-to-Face-Gespräche in einem gemeinsamen Raum mit Mimik und Gestik, wenig non-verbale Kommunikation. Konnte das gut gehen?
Start unter speziellen Umständen
Die Referentin Isabell Dittmar begrüsste Ende April neun erwartungsvolle Teilnehmende, welche sich noch nie zuvor gesehen hatten. Schon nach kurzer Einleitung wurden wir aufgefordert, uns mal schön gemütlich hinzusetzen und uns auf den Atem zu konzentrieren –vor dem Bildschirm. Abschalten und loslassen waren angesagt, und nach einigen Minuten wurden wir wieder zurückgeholt. Für uns alle war es eine neue Erfahrung, uns anschliessend über persönliche Empfindungen und Emotionen per Video und per Chat auszutauschen. Doch dies sollte zur Routine werden.
Nach einem weiteren Theorie-Impuls ging es in die nächste Übung: achtsames Zuhören in Zweiergruppen. Wir wurden also in der Videokonferenz paarweise in Breakout-Räume geschickt. Alle Teilnehmenden bereiteten kurz eine Geschichte vor und erzählten sie. Der Partner oder die Partnerin musste dabei drei Minuten ruhig sein, ohne dem Impuls nachzugeben, zu helfen, Lösungsideen anzubieten oder eigene Geschichten einzubringen. Nur zuhören und anschliessend die Geschichte wiederzugeben, das war die Aufgabe. Was für ein Privileg für den jeweiligen Erzählenden: drei Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit! Heute für Viele ein seltenes Erlebnis.
Isabell Dittmar verstand es, uns von Beginn weg mit einem farbigen Mix aus Theorie und direkter praktischer Anwendung in den Übungen zu fesseln. Nach zwei Stunden erhielten wir einige Hausaufgaben. Klein genug, um machbar zu wirken, aber dennoch eine Herausforderung, sie neben allen anderen Aufgaben in Beruf und Familie in den Tagesablauf zu integrieren. Gespannt verabschiedeten wir uns für eine Woche – nicht ohne dem Angebot von Isabell Dittmar, Fragen, Probleme und andere Anliegen auch zwischenzeitlich mit ihr klären zu können.
Die gute Nachricht: Der Geist lässt sich trainieren. Die bessere Nachricht: Schon in sieben Wochen sieht man Erfolge.Chade-Meng Tan
Herkunft von Search Inside Yourself (SIY)
Das lebendige und interaktive Programm wurde bei Google von Ingenieur Chade-Meng Tan unter Mitarbeit führender Experten-/innen der Neurowissenschaften, der Achtsamkeit und der emotionalen Intelligenz entwickelt. Sein Buch wurde in den USA innerhalb weniger Wochen zum Bestseller. Erfolg haben und Glücklichsein – Wer sah das bisher nicht als Widerspruch? Mengs analytischer Kopf hat Elemente der Emotionalen Intelligenz, Achtsamkeitselementen aus den fernöstlichen Traditionen und neurowissenschaftliche Erkenntnisse klug zusammengeführt. Er zeigt, wie man den Geist trainieren und damit sein berufliches Leben optimieren kann und gleichermassen auch im Privatleben vom Gelernten profitiert. Mit der Gründung des Search Inside Yourself Leadership Institute machte Google das SIY-Programm für alle Unternehmen und Organisationen zugänglich. SIY wird heute von führenden Unternehmen weltweit zur Entwicklung von Führungskräften und Teams genutzt.
SIY basiert auf sechs aufeinander aufbauenden Ebenen. Das Fundament ist die Achtsamkeit – zunächst für die Wahrnehmung der eigenen Wirklichkeit, später auch für die Wahrnehmung des Gegenübers. Doch der Selbstwahrnehmung sind wir nicht einfach ausgeliefert – sie lässt sich steuern. Es macht einen Unterschied, ob wir jede Abweichung von unserer Erwartung als «unseren Fehler» interpretieren, oder einfach als Tatsache, als Faktum akzeptieren und abhaken. Dies führt zur Selbststeuerung. Mit bewusster Wahrnehmung kann ich meine Motivationen ergründen und später auch beeinflussen. Ein Mittel hierzu: die Visualisierung. Der Trick: Das Gehirn kann nicht unterscheiden, ob ein Bild tatsächlich erlebt oder nur (als zukünftige Realität) imaginiert wurde.
Übung macht den Meister
Gegen Kursende wandten wir die neu geschärften Fähigkeiten der ersten vier – primär auf uns selbst bezogenen – Ebenen auf die Gestaltung der Beziehungen zu unseren Mitmenschen an. Dann kommen Themen wie Empathie, Mitgefühl und Führung ins Spiel. Wir erlebten als Teil der Hausaufgaben schon nach kurzer Zeit selbst, wie sich im Alltag die Wahrnehmung von Situationen und Mitmenschen bewusst verändern lässt. Zum Beispiel ganz einfach, indem wir Wahrnehmungen nicht werten oder Anderen etwas Gutes wünschen. Eindrücklich war auch das Erlebnis, in Vorbereitung eines schwierigen Gesprächs, in einigen wenigen Minuten bewusst mehrere Ebenen zu unterscheiden. Und zwar aus Sicht beider Gesprächspartner. Dies muss geübt werden und gelingt nicht jeden Tag gleich gut, das gehörte mit zu den Erkenntnissen. Wie überall gilt: Übung macht den Meister und das Schärfen der Sinne ist nie zu Ende.
Isabell Dittmar gestaltete alle Kursblöcke zu runden, farbigen Einheiten mit kurzen und längeren Übungen in Kleingruppen, immer eingepackt in Meditationen zu Beginn und zu Ende. Die meisten Teilnehmenden verbrachten den Rest des Feierabends jeweils mit neuen Erfahrungen, neuem Bewusstsein und tiefenentspannt bis zum Zubettgehen. Alle waren sich einig, dass sich der wöchentliche Rhythmus ideal eignet, das Gelernte unmittelbar anzuwenden, schrittweise Neues zu lernen und Fragen rasch zu klären. Ein Email nach jedem Abend mit den Unterlagen, Links und Meditationen rundeten das Programm gelungen ab. Der ursprünglich geplante Modus als Zweitageskurs erschien uns allen wesentlich weniger effektiv Bezüglich dem angestrebten Ziel, selbst bei Präsenzunterricht.
Zum Abschluss machten wir uns als (virtuelle) Zweierteams während vier Wochen gemeinsam auf die «Challenge». Die Aufgabe: Uns wöchentlich Ziele zu setzen und uns in der täglichen Umsetzung mit regelmässigen Standortbestimmungen gegenseitig zu unterstützen. Eine tägliche Email mit Anregungen zur Reflexion und einfachen pragmatischen Übungen halfen uns, das Gelernte weiter zu vertiefen und in den Alltag zu integrieren. Abschliessend traf sich die Gruppe noch einmal zu einem Webinar, in dem der Lernstoff zusammengefasst, Fragen geklärt und Tipps ausgetauscht wurden, wie der Lernprozess nachhaltig in den Alltag integriert werden kann.
Liebe Isabell, wir danken Dir für die inspirierenden Abende, die vielen Impulse und den souveränen Umgang mit der ungewohnten Situation. Du hast uns alle neugierig gemacht: Wir machen uns auf die Reise zu unseren sich erst langsam zeigenden, neuen Potentialen.