Tulipan Zollinger: «Die Grundlagen für ein Familienunternehmen sind langfristiges Planen, Zusammenhalt und Flexibilität.»

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Tulipan Zollinger absolvierte einen MAS in Management, Technology and Economics an der ETH. Der ausgebildete Pflanzenzüchter und Genetiker führt zusammen mit seinen Brüdern ein Familienunternehmen in zweiter Generation. Die Pioniere in Biosamen und online Verkauf verzeichnen in der aktuellen Krise Verkaufsrekorde: Die staatlich verordnete Entschleunigung bewirkt, dass sich viele Schweizerinnen und Schweizer ihren Gärten zuwenden.  

Tulipan Zollinger

Was wolltest Du als Kind werden?

Einen Traumberuf hatte ich nie – durch glückliche Zufälle und gute Ratschläge aus meinem Umfeld bin ich einfach von einer interessanten Position in die nächste gerutscht!

Du hast an der ETH das MAS in Management, Technology, and Economics abgeschlossen. Was hat Dich motiviert, an der ETH zu studieren?

Mein Interesse für die wirtschaftlichen Aspekte des Lebens hat mich schon immer begleitet, auch während meines wissenschaftlichen Studiums und meiner Arbeit in der Forschung. Das MAS-MTEC war für mich das perfekte Programm, um mich in diesen Bereichen weiterzubilden.

Du stellst in einem Familienbetrieb biologisches Saatgut her. Wie kamst Du dazu?

Meine Eltern haben 1984 angefangen, Biosamen zu züchten und anzubieten, als wahre Pioniere im Bio-Bereich. Allmählich wuchs das Geschäft, und während unserer Jugend haben meine Brüder und ich immer mitgeholfen. Das Interesse fürs Familiengeschäft war immer da, manchmal mehr, manchmal weniger. Nach dem Studium in Pflanzenzüchtung und Genetik wollte ich zuerst in anderen Bereichen Erfahrung sammeln. 2016 haben wir dann eine gute Lösung gefunden, um den Betrieb zusammen mit meinen Brüdern in zweiter Generation weiter zu führen.

Klassische Gartenzentren waren eine Zeit lang geschlossen. Warst Du schon vor der Krise auf alternative Betriebswege eingestellt?

Seit unserem ersten Katalog 1987 mit gerade Mal zwei Dutzend Sorten verkaufen wir unsere Samen per Versand direkt an die Kunden. In der Zwischenzeit haben wir uns natürlich auch aufs Internet verlegt. 2005 ging unser erster Webshop online, das war damals ziemlich innovativ. Wir haben stets versucht, einen möglichst intuitiven Webshop anzubieten, und die Kunden zum Online-Bestellen zu animieren. So bieten wir zum Beispiel günstige Versandkosten – einen Franken pro Lieferung und Zustellung am nächsten Tag an.

Unabsichtlich waren wir also bestens vorbereitet. Wir sind uns aber bewusst, dass wir dieses Mal einfach enorm viel Glück hatten, an uns lag das nicht. Wer weiss, vielleicht trifft die nächste Krise dann uns: Wenn beispielsweise die Post ausfällt, dann können wir schliessen.

Kannst Du die gewünschte Menge überhaupt noch herstellen?

Nein! Saatgut ist lange haltbar, und wo möglich produzieren wir immer auf Vorrat für drei bis fünf Jahre. Doch in den letzten Wochen war die Nachfrage nach Samen derart enorm, dass viele Artikel ausverkauft sind. Jetzt müssen wir diese Sorten zuerst vermehren, damit sie nächstes Jahr wieder verfügbar sind.

Hast Du eine neue Kundengruppe, die Dich komplett überrascht?

Erstaunlich viele Lehrerinnen und Lehrer haben Samen für Ihre Klassen bestellt. Die Kinder sind zu Hause im Fernunterricht, und alle bekommen einige Samen, so zum Beispiel Sojabohnen oder Sonnenblumen. Diese lassen sie dann auf feuchter Watte keimen und können die verschiedenen Stufen der Keimung und des Pflanzenwachstums beobachten und beschreiben. Eine super Idee: Einfach, günstig und doch sehr lehrreich!

Was ist in der momentanen Lage ein Wettbewerbsvorteil?

Es ist ganz banal: Die Grundlagen für ein Familienunternehmen sind aus meiner Sicht langfristiges Planen, Zusammenhalt und Flexibilität. Wir haben stets sorgfältig gewirtschaftet und hatten das Glück, nie auf Fremdkapital angewiesen zu sein. Als dann aufgrund von COVID-19 alle zuhause waren und gärtnern wollten, konnten wir die plötzliche riesige Nachfrage nur dadurch bewältigen, dass alle angepackt haben.

Was würdest Du den heute Studierenden der ETH weitergeben?

Ich habe das Gefühl, dass viele nach dem Studium von einem gut bezahlten Job in einer grossen Firma träumen. Das ist natürlich gut und recht und erlaubt viele Erfahrungen zu sammeln. Doch aus meiner Sicht ist der Weg in KMUs unterbewertet. Hier hat eine talentierte und ambitionierte Person ein viel grösseres Potenzial auf Innovation und Veränderung! :)

Zollinger Biosamen

Weitere Informationen zum Familienunternehmen, Samen und Tipps zur Aussaat findest Du auf der Webseite: externe Seite https://www.zollinger.bio/de/home 

MAS MTEC Alumni

Am 27. Juni 2019 sprach Tulipan an einem Vortrag über dieses Thema an interessierte MAS MTEC Alumni.

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