Warum wir gar nicht gerne über Geld sprechen

Alumni Empowering

Am 2. April stand das Thema «Geld» im Mittelpunkt: In einem Online-Seminar sprach Olga Miler über die Gründe unserer Unbehaglichkeit, über Geld zu sprechen, und wie wir etwas daran ändern können. Die Präsentation war eine tolle Mischung zwischen harten, teilweise finanziellen, Fakten und praktischen Tipps. Das Credo an die 34 Teilnehmenden war: Über Finanzen sprechen, für sich planen und ausprobieren.

Olga Miler

externe Seite Olga Miler kennt sich mit Finanzen aus: Sie weist eine langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung aus und setzt sich für Finanzbildung ein. Sie betreibt Forschung zu diesem Thema mit Schwerpunkt «Frauen», hat verschiedene Tools mitentwickelt, welche Finanzbildung spielerisch vermitteln und schreibt den Blog externe Seite «Frauen und Geld» bei watson.ch. Eines war den 34 Teilnehmenden schnell klar: Olga liegt die Finanzbildung, vor allem die der Frauen, sehr am Herzen.

Das Webinar startete auch gleich mit der Frage, ob die Teilnehmenden gerne über Geld sprechen. Das Resultat zeigte, dass der Durchschnitt vertreten war: Die meisten hatten tatsächlich Schwierigkeiten damit. Der Kurs sollte ja auch Abhilfe schaffen. Olga klärte dann über die Gründe auf: Die Schweizer Mentalität ist ein wichtiger Faktor, aber viele scheuen das Gespräch, weil es zu persönlich ist oder zu direkten Vergleichen führt. Vieles lässt sich auch auf eigene Unsicherheit zurückführen, oder man überlässt das Thema ganz jemand anderem, zum Beispiel dem Partner.

Es ist ein Paradoxon. Umfragen in verschiedenen Ländern zeigen, dass das Thema «Geld» weit oben auf der Agenda steht: So wünschen sich die Britinnen und Briten, dass Themen rund ums Geld in der Schule schon aufgenommen werden. Bei den Neujahrsvorsätzen 2020 der Amerikanerinnen und Amerikaner war Geld an zweiter Stelle. Das Thema scheint also bedeutend zu sein, wir sprechen aber nicht darüber. Dabei sind Gespräche wichtig: Eine weitere Umfrage zeigt, dass das eigene Vertrauen zum Umgang mit Geld steigt, wenn man das Thema diskutiert.

Frauen und Finanzen: gute Voraussetzungen, schlechte Bilanz

Finanzen sind für Frauen wichtig, und Frauen sind wichtig in Finanzfragen: So werden 80 Prozent der Kaufentscheide von Frauen getroffen. Das macht sie zu wichtigen Investorinnen weltweit. Dazu wächst das Vermögen von Frauen schneller als dasjenige der Männer. Obwohl Frauen also eine starke Position haben, besteht für sie ein erhöhtes Risiko, in der Pension in die Armut abzurutschen. Die Gründe dafür sind vielseitig.

Viele Frauen setzen sich mit dem Thema «Geld» nicht oder zu wenig auseinander. Die Gründe dafür sind ähnlich wie bei der Bereitschaft, das Thema zu diskutieren. Dazu kommt, dass neben Familie, Beruf und ein wenig Freizeit die Frauen dem Geld keine Zeit einräumen können oder wollen. Die Gründe der erhöhten Gefahr, in die Armut abzurutschen, liegen in der Teilzeitarbeit, der Lohnungleichheit, der tieferen Lohnerwartung oder der Studienwahl. Dazu leisten viele Frauen unbezahlte Arbeit wie Pflege von Verwandten oder Freiwilligenarbeit.

Olga zeigte die Auswirkungen anhand einer Grafik, die für viele erschreckend war. Die Kurven zeigten den Durchschnittslohn beziehungsweise das Vermögen von Joe und Jane zwischen 25 und 75 Jahren. Schon beim Start ist Janes Einkommen tiefer als Joes. Ab Dreissig wird Janes Kurve flach, wobei die von Joe stetig steigt. Somit steigt der Unterschied zwischen Joe und Jane ständig. Ab 70 Jahren ist Janes weg, ihre Bilanz wird negativ. Bei Joe flacht die Kurve in der Pension ab, aber bleibt auf einem hohen Niveau bestehen.

«Wenn Frauen investieren, dann schaffen wir wirtschaftliche Unabhängigkeit, gesellschaftliche Freiheit und verändern die Welt nachhaltig.»Olga Miler

Was dagegen tun?

Olga fand, dass der erste Schritt für die Teilnehmenden schon getan war. Ihre vorgeschlagenen drei Schritte, dem entgegenzuwirken, sind relativ simpel: Über Finanzen sprechen, Finanzen planen und investieren. Olga sagt dazu: «Wenn Frauen investieren, dann schaffen wir wirtschaftliche Unabhängigkeit, gesellschaftliche Freiheit und verändern die Welt nachhaltig.» Diese Aussage unterlegte sie mit beachtlichen Zahlen: Frauen erwirtschaften im Schnitt mehr 1.8 Prozent Rendite pro Jahr als Männer. Über 80 Prozent wollen nachhaltig und mit positiver Wirkung investieren. Aber warum tun sich Frauen so schwer?

Der Grund liegt teilweise in der Kinderstube. Welches Mädchen kennt den Satz nicht: «Das kannst Du nicht». Es kommt auch vor, dass Mädchen in der gleichen Familie weniger Taschengeld als ihre Brüder erhalten. Das Verhältnis zu Geld wird schon im Kindesalter geformt und von unseren Eltern übermittelt. Insofern ist es wichtig, dass sich Eltern dem bewusst sind und für die eigenen Kinder lernen. Während des ganzen Seminars wurde Olga nicht müde, es zu wiederholen: Traut Euch, sprecht darüber, lernt. Dies ist also nicht nur wichtig für die jetzige, sondern auch für kommende Generationen.

«Wir haben es verdient, von unseren Banken gut beraten zu werden.»Olga Miler

Viele praktische Tipps

Im praktischen Teil des Seminars gab Olga enorm viele Tipps. Sie folgte ihrem eigenen Rat und leitete das Thema ein, wie man Gespräche über Geld mit verschiedenen Personen anfangen kann. Frauen lernen viel über Tipps und Erfahrungen anderer, daher ist der Austausch so wichtig. Eine Voraussetzung ist auch, sich selber im Klaren zu sein, wo man aktuell steht, und was man kurzfristig, mittelfristig und langfristig erreichen will. Verschiedene Tools unterstützen die Planung. Auch sollen sich alle fragen, was einem selbst zum Thema Geld wichtig ist, und welchen Stellenwert es überhaupt für das eigene Leben hat. Was wäre beispielsweise die grösste Geldsorge, wenn von einem Tag auf den anderen 90 Prozent des Vermögens weg wäre?

Beim Investieren ist es wichtig, ähnlich wie beim Sport eine gewisse Disziplin an den Tag zu legen. Rückschläge gehören dazu, daher unbedingt weitermachen. Denn Investitionen haben einen Horizont von über zehn Jahren. In der aktuellen Situation sind die Märkte verunsichert, viele Titel sind im Minus. Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass es immer wieder Korrekturen gibt. Aber auch in unsicheren Zeiten gibt es GewinnerInnen wie beispielsweise die Telecom Branche oder Dienstleistende, welche Fernzugriff anbieten.

Wer unsicher ist, kann sich beraten lassen. Olga meinte dazu: «Wir haben es verdient, von unseren Banken gut beraten zu werden». Es würde sich aber auf jedem Fall lohnen, die Preise der einzelnen DienstleisterInnen zu vergleichen. Dies ist allerdings schwierig, da Preisunterschiede teilweise durch die Breite der Dienstleistung gerechtfertigt sind. Wer also selber etwas Zeit investieren will und kann, braucht keine intensive Beratung, was dann günstiger ist. Sogar Olga meinte, dass auch sie sich immer wieder mit Preisen auseinandersetzt und diese recherchiert. Es wäre nicht immer einfach.

Olgas Aufruf am Ende war dann auch klar: Investiert in Euch selber, teilt Eure Erfahrung und macht etwas draus. Nach ungefähr neunzig Minuten war sie mit ihrer Präsentation fertig und beantwortete noch diverse Fragen im Chat. So ging ein spannender Abend zu Ende. Es war schön zu sehen, dass alle Teilnehmenden das Webinar bis ans Ende verfolgten.

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