Zeit für Momente: Ein Vortrag von Anna Jelen

Umwelt Alumni

Anna Jelen war 17, als sie während eines Spaziergangs mit ihrem Hund in einem Schneesturm die Orientierung verlor.  Als die Dämmerung einbrach, setzte sie sich entkräftet in den Schnee, verlor langsam ihre Wahrnehmung und beinahe ihr Leben. In einem Nahtoderlebnis erschien ihr ein „Blitz“ und die Vorstellung, „im Bilderbuch des Lebens zu stöbern“. Zu ihrem Erstaunen erschienen ihr vor allem alltägliche, ordinäre Bilder. Mit diesem Erlebnis begann ihre Faszination für die Zeit.

Anna Jelen

Nur dank der Initiative ihres Hundes konnte Anna am nächsten Morgen gerettet werden. Sie hat sich seit diesem Erlebnis ausführlich mit dem Thema der Zeit beschäftigt und ist mittlerweile die Expertin für «Zeit» schlechthin. Sie berät Menschen von nah und fern zum Thema und geht dabei den ganz grossen Fragen nach: «Wie nutze ich meine Zeit? Wie gehe ich mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft um?» Vor einem zahlreichen und durchmischten Publikum am 5. November 2019 antwortete Anna Jelen mit einleuchtenden und witzigen Geschichten.

Ewig dreht das Hamsterrad

« Ich bin im Hamsterrad gefangen », « Zeit ist Geld » und weitere erdrückende Metaphern sind im beruflichen Alltag beliebt. Gleichzeitig wird so mancher im Privaten vom Konsum und den sozialen Medien überschwemmt und mit der zunehmenden Beschleunigung in der Kommunikation und der Mobilität konfrontiert. Es ist einfach, sich diesen Trends zu ergeben. Auf der Suche nach Befriedigung wird aber das mulmige Gefühl noch weiter verstärkt, dass die Zeit der Kontrolle entgleitet und zunehmend fremdbestimmt wird. Mit der Wahrnehmung sind wir aber nicht alleine, beruhigt Anna. Deshalb sei es wertvoll, sich in Momenten der Ruhe kritische Fragen zu stellen: «Womit verschwende ich meine Zeit? Wie kann ich sie besser nutzen?» Die Antworten haben viel mit individuellen Werten und Prioritäten zu tun.

Das Hamsterrad neu erfinden

Auf der Suche nach der Deutung der Zeit besuchte Anna Orte, an denen die Zeit eine etwas andere Bedeutung hat: Altersheime und Strafanstalten. In solchen Institutionen stellte sie wiederholt die Frage: «Was macht ein Leben lebenswert?» So bündelte sie das Wissen von Menschen in verschiedensten Lebensphasen und Situationen. Dabei stiess sie immer wieder auf die Antwort, dass sich das Leben an der Fülle und Intensität von erlebten Momenten bemesse.

Sich Zeit für Momente nehmen

An dieser Stelle vertieft Anna ihr Konzept zu « Momenten ». Sie deutet ein Leben als Weg in drei Phasen: Die Kindheit und Jugend, die goldene Mitte und das reife Alter. Jede dieser Phasen ist ein Sammelsurium an Momenten, an besonders emotional geprägten Erlebnissen. Nach diesem Verständnis lassen sich lebenswerte Momente gezielt gestalten: So sind alltägliche Rituale wie Spaziergänge im Wald oder geruhsames Teetrinken am Morgen Beispiele ruhiger Momente, Familienfeste und Abende unter Freunden Beispiele sozialer Momente und Phasen der konzentrierten Arbeit Momente der Vertiefung.

Momente aktiv gestalten

Anna gibt ihren Zuhörern mit auf den Weg, sich als Gestalter von Momenten zu verstehen und bewusst Momente der Tiefe und Intensität für sich und das soziale und berufliche Umfeld zu schaffen. Das setze aber voraus, ein Gespür für solche Momente zu pflegen und offen zu bleiben. In einer ersten Runde rät sie deshalb, im eigenen Leben solche Momente zu definieren, und sie für ihre Einfachheit zu schätzen. Im zweiten Schritt gehe es darum, sich bewusst Zeit zu nehmen, im Alltag ähnliche Momente für sich zu schaffen. Sich periodisch zu vergegenwärtigen, dass die Lebenszeit limitiert ist, könne bei der Umsetzung im Alltag eine wertvolle Motivationsquelle sein.

Mit dieser Message stiess Anna im Publikum auf reges Echo. Als Zuhörer hatte man aber den Eindruck, dass sie noch Stunden hätte ausholen können.
 

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