Mit Multilateralismus zu einer besseren Zukunft
Alumni Connect
Am Mittwoch, 11. Dezember hatten Alumni der ETH, HSG und LSE die Möglichkeit, sich über Engagements in der Entwicklungszusammenarbeit zu informieren. Die Geschäftsstelle der ETH Alumni Vereinigung organisierte zusammen mit cinfo einen Anlass zum Thema «Working for Development». Acht Personalverantwortliche von UN-Organisationen und internationalen Finanzinstituten präsentierten ihren Werdegang und über 100 Alumni der drei Hochschulen waren zugegen.
Das Zentrum für Information, Beratung und Bildung für Berufe in der internationalen Zusammenarbeit (cinfo) stellte für die Alumni und Alumnae der drei Hochschulen ETH, HSG und LSE ein attraktives Programm zusammen. Ziel war es, Einblick in die tägliche Arbeit und personelle Zusammensetzung von acht UN-Organisationen und internationalen Finanzinstitute zu geben. Da Schweizerinnen und Schweizer stark untervertreten sind, multilaterale Organisationen aber gerade auf Diversität beim Personal angewiesen sind, teilten die anwesenden Personalverantwortlichen ihre aussergewöhnlichen Lebensgeschichten und ermutigten das Publikum, sich bei Interesse zu bewerben.
Den Anfang machte Nicole Frick, die alle Anwesenden herzlich willkommen hiess. Danach übergab sie das Wort an Holger Tausch, Leiter für Zusammenarbeit in der Schweizer Botschaft in der Ukraine, der mehrmals betonte, wie wichtig die Schweizer Präsenz in multilateralen Organisationen sei. Multilateralismus verlange gerade aufgrund seiner hochkomplexen Natur nach Diversität. Seine eigenen Arbeitserfahrungen im Ausland und in verschiedenen Branchen hätten ihm die Augen geöffnet. Es sei auch sehr wertvoll, dieses Wissen dann in neue Gebiete zu transferieren, damit andere davon profitieren.
NGOs fungieren als Katalysatoren
Natal Donnaloia, Senior HR-Berater bei cinfo, führte durch das Abendprogramm und moderierte die Gespräche zwischen Publikum und Podiumsgästen. Er studierte Politikwissenschaft und Menschenrechte an den Universitäten in Neuenburg und Siena und arbeitete in zahlreichen UN-Organisationen, bevor er 2017 zu cinfo wechselte. Sein Tipp für die Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit in der Entwicklungshilfe lautete: «Zeigt Präsenz auf dem Arbeitsmarkt! Vernetzt euch mit anderen. Verkauft euch nicht. Früher oder später kommen wir auf euch zu.» Er betonte, dass die NGOs nicht die Probleme der Welt direkt lösen, aber immerhin als Katalysator fungieren, die Lösungsprozesse vorantreiben. Obwohl viele Entwicklungsprogramme zu Erfolgsgeschichten wurden, gab Donnaloia zu bedenken, dass es noch sehr viele Herausforderungen zu bewältigen gäbe. Dafür sind die NGOs auf hochmotivierte und talentierte Mitarbeitende angewiesen. Donnaloia wies das Publikum darauf hin, dass das Wichtigste an diesem Mittwochabend die persönlichen Geschichten der HR-Verantwortlichen seien, die alle von Werten, Erfüllung, Erfahrungen und Grenzen handelten.
Dekonstruktion eines urbanen Mythos
David Bearfield, HR-Direktor der United Nations Development Programme (UNDP, Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen), kommt aus einem kleinen Dorf in England und hätte sich nie erträumt, eines Tages für eine UN-Organisation zu arbeiten: «Ich habe schlicht nicht damit gerechnet.» Er war der Einzige in seiner Familie, der ein Studium absolvierte. Nach dem Zivildienst wurde er mit einem politischen Auftrag nach Brüssel geschickt, da er dank seines Deutsch- und Französischstudiums die für die EU wesentlichen Kommunikationssprachen beherrschte. Nachdem sein Vertrag auslief, absolvierte er die nötige Prüfung und schaffte so den Schritt in die Europäische Kommission, wo gerade ein HR-Posten vakant war. Nach langjährigen Erfahrungen in UN-Organisationen kann er einen urbanen Mythos dekonstruieren, nämlich, dass politische oder andere spezifische Erfahrungen bei Job-Kandidatinnen und Kandidaten vorausgesetzt werden. Im Gegenteil, auch er betont die Wichtigkeit diverser Teams: «Wir brauchen neue Leute mit neuen Erfahrungen.»
«Wir verbinden die Welt»
In ähnlichem Ton und mit gleich viel Enthusiasmus werden auch die nachfolgenden Lebensgeschichten erzählt. Rym El Zin Dimashkieh ist Managerin von HR-Programmen bei der International Finance Corporation (IFC), eines der fünf Institutionen der Weltbank. Sie zeigte sich sehr bewegt, in einem ETH-Gebäude zu sein, weil ihr verstorbener Onkel oft vom Studium an der ETH Zürich vorgeschwärmt hatte. Ursprünglich Landschaftsdesignerin absolvierte sie gerade ihren Executive MBA, als sie von einem Freund ermutigt wurde, sich für eine Vakanz bei der IFC zu bewerben. Davor hatte sie noch nie von dieser Institution gehört. Seit sieben Jahren arbeitet sie bei IFC und fasst ihren Auftrag so zusammen: «Wir verbinden die Welt.» Auch sie betont, Interessierte sollten sich einfach bewerben, denn Unterlagen werden aufbewahrt, und eine Anstellung sei lediglich eine Frage der Zeit und der richtigen Einstellung. Nächstes Jahr werden bei IFC weltweit 800 neue Stellen geschaffen, weshalb sie die Anwesenden freundlich aufforderte, ihre Bewerbungen bei Interesse einzureichen. An ihrer Institution schätze sie am meisten die Diversität, die in ihren Augen Innovation und Bewegung in ein Team bringe. Ein grosser Nachteil hingegen sei der bürokratische Apparat, der viel ausgeprägter sei als in der Privatwirtschaft und zu sehr langwierigen Entscheidungsprozessen führe.
Leidenschaft ist unumgänglich für diese Arbeit
Nach den ebenfalls sehr unterhaltsamen Erzählungen von Scott Fitzgerald (Asian Infrastructure Investment Bank, Beijing) kommt die Reihe an Eva Mennel, HR-Direktorin von UNICEF. Sie ist HSG Alumna und berichtet, wie sie sich für die jetzige Position auf eine Jobannonce bei The Economist bewarb. Sie gesteht ein, wie sie sich bei der Arbeit in Geduld üben musste, da sie tendenziell ungeduldig und impulsiv sei. Negative Erfahrungen hätten sie gelehrt, dass ausführlich besprochene und gemeinsam gefällte Entscheidungen für ein Team langfristig von wesentlicher Bedeutung sind. Anstatt sich von Beförderungen und Karrierefragen leiten zu lassen, sollten sich Angestellte vielmehr fragen, wie sie sich noch mehr Wissen und Erfahrungen aneignen könnten, um Neues zu lernen. Worauf kommt es sonst noch an? Mennel ist überzeugt, dass eine Vielfalt an Erfahrungen vorteilhaft sei, denn sie würde helfen, verschiedene «Muskeln» bzw. Fähigkeiten zu trainieren. Abgesehen davon sei Leidenschaft unumgänglich, um sich grossen Herausforderungen zu stellen: «Wie weisst du, dass du auf eine Position passt? Wir haben es mit hochkomplexen Problemen zu tun. Leidenschaft ist eine wichtige Voraussetzung.»
Weitere HR-Verantwortliche stellten in Kurzpräsentationen ihre NGOs vor, ETH Alumnus Jürg Stadler berichtete von seinem Einsatz als Ingenieur bei der UNDP in Palästina und Stefan Denzler vom SECO verglich seine Erfahrungen in der bürokratischen Maschinerie von Bern und Washington.
Es war ein sehr gelungener Abend mit mitreissenden Geschichten, kritischen Fragen und differenzierten Antworten sowie einem köstlichen Apéro, der eine willkommene Plattform schuf, um angeregt weiter zu diskutieren.