Andreas Elmer: «Das Studium hat mich gut auf koordinative und abwechslungsreiche Aufgaben vorbereitet»

Alumni Porträts

Andreas Elmer hat an der ETH einen Master in Umweltnaturwissenschaften abgeschlossen. Weil er Statistiken nicht so mochte, hatte er sich gegen ein Psychologiestudium entschieden. Heute arbeitet er im Mitarbeiterstab der Stiftung Swisstransplant, die 2018 das Nationale Organspenderegister lancierte. Er erzählt uns von der Wichtigkeit einer Organspende, und dass er heute fast täglich Statistiken wälzt.

Andreas Elmer

Was wolltest Du als Kind werden?

Ich kann mich ehrlich nicht an einen konkreten Berufswunsch als Kind erinnern. Selbst meine Mutter konnte sich auf meine Anfrage nicht daran erinnern, was ich auf diese Frage als Kind jeweils geantwortet habe. Während des Gymnasiums habe ich mich unter anderem für Psychologie interessiert, die zentrale Rolle der Statistik hat mich aber vom Psychologiestudium abgehalten. Ironischerweise beschäftige ich mich heute in meinem Job fast täglich mit Statistik.

Du hast an der ETH Umweltnaturwissenschaften studiert. Warum hast Du Dich dafür entschieden?

Ich konnte mich lange nicht entscheiden, ob und was ich studieren soll. Ich war – und bin es heute – sehr vielseitig interessiert. Nach der Matura habe ich in verschiedenen Callcentern gejobbt, um Geld zu verdienen und bin mit diesem Geld auf Reisen gegangen. In Australien reiste ich ein Stück weit mit einem Freund aus dem Gymnasium, der damals bereits Umweltnaturwissenschaften studierte. Durch ihn bin ich auf dieses Studium aufmerksam geworden.

Fasziniert hat mich die breite Palette an Fächern, sowohl aus naturwissenschaftlichen als auch aus sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Ich wollte damals nichts Geringeres als «die Welt umfassend verstehen», und diesem hohen Anspruch kam dieses sehr interdisziplinäre Studium entgegen. Darüber hinaus stand damals sicherlich auch der Wunsch im Vordergrund, mich später beruflich für «eine grössere gute Sache» engagieren zu können. Nicht zuletzt hat mich damals wie heute das Verhältnis zwischen Mensch und Natur beschäftigt: Nachhaltigkeit war das zentrale Leitkonzept des Studiums, lange bevor dieses Konzept in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Was hat Dir das Studium gebracht?

Natürlich zunächst umfassende Kenntnisse in den naturwissenschaftlichen Grundlagenfächern und der Mathematik. Das war für mich gar nicht so selbstverständlich, ich habe im Gymnasium den neusprachlichen Typus gewählt, mit einer zusätzlichen Fremdsprache. Mit einem breiten Angebot an Wahlfächern und Vertiefungsrichtungen hat es mir das Studium ermöglicht, meinen Interessen zu folgen. Mich haben damals wie heute vor allem diejenigen Fachrichtungen fasziniert, die man heute als «Life Sciences» zusammenfasst.

Nebst dem vielen wertvollen Wissen hat mir das Studium aber vor allem sehr viel Methodenkompetenz mitgegeben. Es hat mich gelehrt, aus einer Vielzahl unterschiedlicher Informationen rasch eigenes, neues Wissen zu generieren sowie die Dinge zu hinterfragen und ihnen auf den Grund zu gehen. Ich denke strukturiert, systematisch und ganzheitlich und gehe auch so vor. Es hat mich insbesondere gelehrt, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und mich in interdisziplinären Teams zurechtzufinden.

Trotzdem hat es ein paar Jahre gedauert, bis ich realisiert habe, dass diese Methodenkompetenz im Berufsleben äusserst wertvoll sein kann und dass diese gar nicht so selbstverständlich ist. Das Studium hat mich gut auf koordinative und abwechslungsreiche Aufgaben vorbereitet, wie sie beispielsweise im Management von interdisziplinären Projekten benötigt werden.

Du arbeitest heute bei Swisstransplant. Was beinhaltet Deine tägliche Arbeit?

Im Team erarbeiten wir kleinere wissenschaftliche Studien, meist Datenauswertungen zur Organspende und Transplantation und publizieren diese in nationalen und internationalen Fachzeitschriften. Ich erstelle periodische, statistische Datenanalysen und Reportings für das Management, externe Auftraggeber oder Partner. Daneben konnte ich als Verantwortlicher für Qualität und Prozesse ein internes Qualitätsmanagement-System aufbauen und bin mitverantwortlich für die laufende Optimierung interner Arbeitsabläufe, auch mittels neuer IT-Lösungen. Als Stabsmitarbeitender bin ich zudem in verschiedene bereichsübergreifende Projekte involviert, zum Beispiel bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans des Bundesamts für Gesundheit, bei der Weiterentwicklung der Organzuteilungssoftware, beim Konzept für ein nationales Biovigilanzsystem, bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Gesetzesrevisionen oder bei der Lancierung des ersten elektronischen Nationalen Organspenderegisters der Schweiz.

Im Oktober 2018 lancierte Swisstransplant das Nationale Organspenderegister. Worum geht es?

Das Nationale Organspenderegister ist die erste elektronische Datenbank in der Schweiz, in der man seine Zustimmung oder Ablehnung gegenüber einer Organspende dokumentieren kann. Im Gegensatz zur Organspende-Karte, die in der Praxis oft nicht gefunden wird, ist damit der Wille in Bezug auf eine Organspende im Todesfall immer verfügbar. Das Organspenderegister ist eine zeitgemässe Lösung zur Dokumentation des persönlichen Entscheids in Bezug auf eine Organspende im Todesfall.

Warum ist die Dokumentation des Entscheids wichtig?

Ist der Wille der verstorbenen Person bekannt und dokumentiert, werden die Angehörigen und auch die Fachpersonen im Spital emotional stark entlastet. Es werden Situationen reduziert, in denen sich Angehörige aus Unsicherheit gegen eine Organspende aussprechen, obwohl die verstorbene Person eigentlich zugestimmt hätte. Repräsentative Umfragen zeigen nämlich, dass 70-80% der Schweizer Bevölkerung ihre Organe nach dem Tod spenden möchte. Auch die bisherigen Einträge im Organspenderegister bestätigen die hohe Spendebereitschaft. Demgegenüber liegt die Zustimmungsrate bei Angehörigen, die stellvertretend im Sinne der verstorbenen Person entscheiden, bei lediglich rund 40%. Diese Situation ist umso störender, da in der Schweiz jedes Jahr bis zu 100 Personen sterben, die sich auf der Warteliste für ein Spenderorgan befanden, weil für sie nicht rechtzeitig ein passendes Organ gefunden werden konnte.

Was waren/sind die Herausforderungen?

Bereits bei der Entwicklung des Registers wollten wir den Eintrag in die Datenbank so einfach wie möglich gestalten. Dies ist wichtig, damit möglichst alle Personen die Möglichkeit haben, sich im Register einzutragen. Registrierte Personen haben zudem rund um die Uhr Zugang zu ihrem Profil. Damit ist sichergestellt, dass der eigene Eintrag jederzeit geändert oder wieder gelöscht werden kann. Auch die Datenbankabfrage, die auf Anfrage der Spitäler zentral durch die nationale Zuteilungsstelle von Swisstransplant erfolgt, muss 24/7 einwandfrei funktionieren. Daneben erfüllen sowohl die Server-Infrastruktur als auch die Datenübertragung höchste Anforderungen an den Datenschutz.

Trotz der einfachen Registrierung muss eine einwandfreie Identifikation sowohl beim Eintragen als auch bei der Zuordnung eines Eintrags im Spital gewährleistet sein. Beim Eintrag über ein mobiles Gerät geschieht dies beispielsweise mittels Foto und Unterschrift auf dem Touchscreen. Bei einem Todesfall im Spital und falls die Patientin oder der Patient aus medizinischen Gründen für eine Spende infrage kommt, ruft die zuständige medizinische Fachperson bei Swisstransplant an und fragt nach, ob ein Registereintrag der betroffenen Person besteht. Ist dies der Fall, übermittelt Swisstransplant dem Spital das Datenblatt mit dem festgehaltenen und unterschriebenen Entscheid sowie dem Foto. Dieses Datenblatt wird den Angehörigen bzw. der Vertrauensperson im Gespräch im Spital vorgelegt und schafft in einer schwierigen Situation Sicherheit und Klarheit.  

Mehr Informationen

Dokumentiere Deinen Entscheid zur Organspende im externe Seite Nationalen Organspenderegister und schaffe so Klarheit und Entlastung für Deine Angehörigen.

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