Daniel Meyer: «Vom E-Bike Hersteller zum Mobilitätsdienstleister»

Alumni Porträts

Anfang 2015 gründete ETH Alumnus Daniel Meyer sein eigenes Unternehmen EGO Movement. Mit seinen Elektrovelos im Retro-Look mischt er seitdem kräftig den Markt auf. Am 27. Juni 2017 sprach er über die Herausforderungen einer Start-up-Gründung. In einem weiteren Interview spricht er nun darüber, wie sich die Firma von einem E-Bike-Unternehmen zu einem Mobilitätsdienstleister gewandelt hat.

Daniel Meyer

Du hast im letzten Interview im Juni 2017 angedeutet, dass Du weitere Projekte in der Pipeline hättest. Kannst Du jetzt darüber sprechen?

Wir haben in der Zwischenzeit unsere Strategie stark angepasst. Es geht nicht mehr nur um stilvolle, intelligente E-Bikes, sondern um nachhaltige Mobilität im urbanen Raum im weiteren Sinn. 30% aller Staus werden durch Autofahrer verursacht die nach einem Parkplatz suchen und urbane Mobilität verursacht 40% der CO2-Emissionen vom Transportsegment. Dies wollen wir ändern und unseren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung von modernen Städten leisten.

Dadurch haben sich drei Standbeine ergeben. Das Erste sind die Entwicklung, Herstellung, Verkauf und Service von elektrischen Fahrzeuge wie E-Bikes, E-Roller und E-Lastenfahrzeuge. Damit decken wir vor allem die Bedürfnisse von Pendlern mit Wegen bis zu 60 Kilometern täglich ab. Die Lastenfahrzeuge sind einerseits für Endkunden, zum Beispiel um die Kinder in den Kindergarten bringen oder einzukaufen und sind so ein vollwertiger aber effizienter und vor allem nachhaltiger Ersatz fürs Auto. Andererseits haben wir auch Versionen fürs Gewerbe für „Last-Mile-Delivery“ und Lasten bis 150 Kilogramm, welche speziell mit dem vermehrten Online-Handel immer wichtiger werden, oder aber auch speziell ans Geschäftsmodell von unseren Kunden angepasste Versionen. Ein Beispiel ist eine mobile Zapfstation, die wir für das Zürcher Bier-Label Amboss realisieren.

Das zweite Standbein ist Konnektivität. Da haben wir in den letzten 2 Jahren viel Energie und Ressourcen investiert, so dass dies nun eines unserer Kerngebiete ist. Wir streben nach Internet of Things (IoT) gestützten Mobilitätslösungen, welche intelligent, effizient und einfach zu bedienen sind. Dazu haben wir Apps, Software-Backend, Schliessmöglichkeiten aber auch die nötige IoT-Hardware entwickelt. So bieten wir zum Beispiel für Firmen komplett integrierte Flottenlösungen aus einer Hand an, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich nachhaltig und ohne Stau- oder Parkplatzprobleme fortbewegen können. Wir haben auch viele Projekte im Tourismus, dazu komme ich später noch. Für den privaten Gebrauch lancieren wir diesen Sommer ein IoT-Modul mit GPS, GPRS, Bluetooth und Beschleunigungssensoren für unsere Fahrzeuge, welches Diebstahlschutz oder ein Sharing über unsere Plattform einfach möglich macht. Wenn das Fahrzeug bewegt wird, erhält die Besitzerin oder der Besitzer eine Meldung auf dem Telefon, dass sich jemand daran zu schaffen macht. Dank des eingebauten GPS sieht man auch, wo sich das Fahrzeug befindet und kann den Zugriff darauf mit anderen teilen.

Der dritte Punkt, und das geht oft vergessen, ist die Quelle des Stroms. Die liegt uns extrem am Herzen. In der Schweiz ist es kein riesiges Problem, da wir viel Wasserkraft und keine Kohlekraftwerke haben. Aber Deutschland hat einen schlechten Mix, darum bieten wir dort in allen unseren Stores zusätzlich nachhaltig produzierten Strom an. Beim Kauf eines unserer Fahrzeuge wird im deutschen Store direkt dem Kunden vorgerechnet, was es kostet, wenn die Käuferin oder der Käufer auf Wind- oder Sonnenenergie wechseln würde. Einen allfälligen Wechsel für den ganzen Haushalt können die Kundinnen und Kunden direkt vor Ort vornehmen. Wir arbeiten mit einem Partner zusammen, der komplett auf nachhaltig produzierten Strom fokussiert ist.

Der Abbau der Rohstoffe für die Batterien ist nicht ganz unproblematisch. Was macht Ihr in diesem Bereich?

Wir arbeiten nach den sogenannten BSCI-Richtlinien, welche strenge Kriterien in Bezug auf Arbeitssicherheit, Arbeitsrecht und Umweltschutz vorgeben. Diese Richtlinien fordern wir auch bei allen Zulieferern ein. Auch bei der Rezyklierung arbeiten wir mit einem Partner zusammen, der führend auf diesem Gebiet ist. Der Kunde entrichtet hier natürlich die vorgezogene Rezyklierungsgebühr.

Was ist sonst noch seit dem letzten Interview passiert?

Wir sind in der Zwischenzeit weiter stark gewachsen und mehrere neue Stores sind dazugekommen. Momentan haben wir neun Stores und Servicestellen in der Schweiz und Deutschland. Dieses Wachstum braucht natürlich auch ein entsprechendes Team, und daher sind wir mittlerweile über 25 Mitarbeitende. Produktetechnisch ist auch viel passiert: Wir haben neben unserer IoT-Plattform sechs neue Modelle lanciert. Darunter auch zwei elektrische Lastenräder und ein speziell auf Sharing-Projekte ausgerichtetes Modell.

Kannst Du mehr über die Konnektivität und den Einsatz im Bereich Tourismus erzählen?

Der Insel Sylt Tourismus Service hat schon seit etwas mehr als einem Jahr eine Flotte von E-Bikes von uns in Betrieb. Dies kam so gut an und der Kunde war so zufrieden, dass wir nun Anfang Mai ebenfalls auf Sylt zusammen mit zwei Partnern zwölf solarbetriebene Container mit je acht E-Bikes in einem ersten Schritt in Betrieb nehmen. Die Container produzieren den Strom über Solarzellen auf dem Dach für die E-Bikes und speichern ihn. Wir liefern die E-Bikes, die Telematik, das Sharing-App und das Software-Backend für den effizienten Betrieb der Flotte. Die Kunden können dann über unsere EGO Movement-App lokalisieren, wo welche Bikes verfügbar sind, was der Ladestand ist, und wie sie den Weg zum E-Bike finden. Dann können sie das E-Bike buchen und mit einem QR-Code aufschliessen. Unterwegs können sie dieses abschliessen, ohne die Miete zu unterbrechen und dann an über Geofencing definierten Orten wieder parkieren. Die Abrechnung läuft ebenfalls komplett übers App und die hinterlegten Zahlungsdetails des Kunden.

Bei einem Start-up muss man mit Herzblut dabei sein. Man arbeitet extrem viel, es gibt auch viele schwierige Zeiten.  Daniel Meyer

Was sind Eure Projekte in der Schweiz?

Wir sind neu der Partner für Zürich Tourismus im Zweirad-Bereich. Zürich Tourismus bietet in einem ersten Schritt ab Mai geführte Touren auf unseren E-Bikes an und in einem zweiten Schritt auch die Miete über unser App und Backend. Dies freut uns sehr, und wir denken, das wird eine tolle Partnerschaft für beide Seiten. Zudem hat sich zum Beispiel die führende Gastro- und Hotelgruppe Wyniger in Basel, zu der unter anderem der Teufelhof gehört, oder das Park Hyatt in Zürich ebenfalls für uns entschieden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir uns weg vom reinen E-Bike-Hersteller hin zum Mobilitätsdienstleister entwickelt haben. Wir bewegen Personen nachhaltig, effizient und mit Stil von A nach B.

Dein Job macht Dir also immer noch Spass?

Ja, auf jeden Fall. Bei einem Start-up muss man mit Herzblut dabei sein. Man arbeitet extrem viel, es gibt auch viele schwierige Zeiten. Aber wenn die Arbeit Freude macht, dann kann man es durchstehen. Ein gutes Team ist auch wichtig, der Zusammenhalt und der Einsatz eines jeden.

Was man an der ETH definitiv mitbekommt, sind Neugier für Technisches, logisches und analytisches Denken und vor allem Durchhaltewille.Daniel Meyer

Du hast an der ETH in Elektrotechnik und Informationstechnologie abgeschlossen. Gemäss Deinen Ausführungen erhält man den Eindruck, dass nicht nur EGO Movement sich gewandelt hat, sondern auch Du. Kannst Du Dein Studium überhaupt noch einsetzen?

Ja, auf jeden Fall! In Bezug auf Sachthemen sind gerade die Konnektivitätslösungen etwas, bei dem ich stark auf das, was ich an der ETH gelernt habe, zurückgreifen kann. Aber was ich am Meisten brauchen kann, und was man an der ETH definitiv mitbekommt, sind Neugier für Technisches, logisches und analytisches Denken und vor allem Durchhaltewille. Diese Eigenschaften braucht man meiner Meinung nach bei einem Start-Up mehr als irgendwo sonst.  

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