Auf den Spuren der Architekten in Portugal

Alumni Travel

«Architekten erfinden nichts, sie formen die Realität um». Mit dieser Aussage vom Architekten Alvaro Siza im Hinterkopf entdeckten wir die zeitgenössische Architektur in und um Porto. Ein Reisebericht.

Alumni in Portugal

Die Reise nach Portugal brachte ETH Alumni, teils mit Partner, vom 30. September bis 5. Oktober 2018 auf die Spuren portugiesischer Architekten. In Porto hat sich seit Anfang des 20. Jh., trotz drastischen politischen und sozialen Umwälzungen, eine "Architektur-Schule" von erstaunlicher Kontinuität von Meister- Schüler-Folgen entwickelt. Während diese in Fachkreisen als eine der heute einflussreichsten zeitgenössischen Architektur-Bewegungen anerkannt ist, blieb sie bei einem nicht initiierten Publikum meist unbekannt. Ein Grund dafür ist, dass diese Architektur sich über Fotografie nicht vermitteln lässt, sondern nur durch das eigene Erleben verstanden wird. Hier sind die örtlichen Begebenheiten wie Geschichte, die natürliche und gebaute Umgebung und der Leerraum genauso wichtige Bestandteile des Projektes wie das Gebaute.

Am Sonntag 30.09. fuhren wir nach der Ankunft im Flughafen von Porto mit unserem Bus direkt zum Universitäts-Campus der Stadt Aveiro. Dort empfing uns die Leiterin der von Alvaro Siza gebauten Bibliothek und führte uns durch den eigens für uns geöffneten Bau. Wir waren überwältigt von der Klarheit des Baus und auch von der Liebe, die die Leiterin zum diesem zeigte. Nach dem Besuch weiterer Bauten des Campus fuhren wir ins Stadtzentrum von Aveiro zu dessen Jugendstilbauten und Kanälen. Nach einem köstlichen Fischessen (dies als Andeutung, ein Beschrieb der hervorragenden kulinarischen Dimension der Reise würde den Rahmen dieser Beschreibung sprengen), übernachteten wir im nahegelegenen Coimbra.

Architektur

An der Universität Coimbra

Den zweiten Tag widmeten wir der Universität Coimbra. Wir begannen mit dem historischen Teil und der Joanina-Bibliothek. Wir besuchten auch das Auditorium des Architekten Fernando Távora (der Meister von Siza), das am historischen Teil angebaut wurde sowie den unter Salazar gebauten, schwer und monumental wirkenden Universitäts-Campus. Die alte Kathedrale und ihr Klosterhof waren dann ein Moment der Besinnung. Zum Mittagessen waren wir mit den Architektur-Professoren Nuno Grande und Carlos Martins der Fakultät von Coimbra verabredet. Die beiden führten uns danach durch den UNI-Campus der Naturwissenschaften "Polo II", mit Bauten u. a. von Távora, Aires Mateus und einem Studentenhaus von Carlos Martins. Sie zeigten uns auch den ganz neu von Aires Mateus umgebauten Universitätsteil der Rechtswissenschaft, der sonst nicht zugänglich ist. Die gemeinsame Führung beendeten wir in der Architektur-Fakultät, wo uns der Direktor, José António Bandeirinha, zu einem Rundgang und Getränk einlud. Den Tag schlossen wir mit dem Expo-Pavillon ab, einem gemeinsamen Werk von Alvaro Siza und Eduardo Souto de Moura.

Den Morgen des 2. Oktober widmeten wir dem Museum Machado de Castro, das kürzlich durch den Architekten Gonzalo Byrne umgebaut wurde, und konzentrierten uns auf die reichhaltige Skulpturensammlung. Dann reisten wir mit dem Bus über Visseu ins Dourotal, wo gerade Erntezeit war. Wir bestaunten diese unglaubliche, von Menschenhand über Jahrhunderte umgeformte Natur und fuhren dann auf dem Weg nach Porto zur Kirche von Alvaro Siza in Marco de Canaveszes. Der Eindruck dieses Baus kann so beschrieben werden: Geplant waren 45 Minuten, wir reisten erst nach zwei Stunden weiter.

Am vierten Tag besuchten wir zwei Frühwerke von Alvaro Siza: das Teehaus Casa de Chá und die Schwimmanlage Piscina das Marés in Leça da Palmeira. Beide sind in die Felsen der Atlantikküste gebaut. Durch diese Bauten führte uns ein langjähriger Mitarbeiter von Siza, der über jedes Konstruktions-Detail Bescheid wusste. Danach besuchten wir den Tennis-Pavillon von Távora, ein Schlüsselwerk der Architektur-Schule von Porto. Den Nachmittag widmeten wir dem Stadtzentrum, beginnend mit der Buchhandlung Lello, weiter zur Avenida Dos Aliados, einem weiteren gemeinsamen Werk von Siza und Souto de Moura, über die Azuleichos im Bahnhof Sao Bento und die Altstadt bis zum Douro hinunter.

Coimbra

Die Architekturfakultät in Porto

Am fünften Tag der Reise reisten wir ins bebende Herz der Schule von Porto: Die Architekturfakultät, gebaut von Alvaro Siza. Diese steht am Hang in einem Park mit Aussicht auf den Douro. Ein ehemaliger Student sagte uns, er entdecke jeden Tag etwas Neues an diesem Bau, den er schon lange auswendig zu kennen glaubte. Danach, sozusagen als Kontrastprogramm, besuchten wir die Casa da Musica von Rem Koolhaas. Nach der bescheidenen und klaren Architektur der portugiesischen Architekten ein nicht ganz leicht verdaulicher Brocken. Und um den Kontrast noch zu verstärken folgte ein Besuch der Casa das Artes von Souto de Moura. Es handelt sich um ein Kulturzentrum, das man eigentlich gar nicht sieht. Auf dem Weg zu unserem Überraschungsprogramm sahen wir uns vom gleichen Architekten den Burgo-Tower an, eines der wenigen Hochhäuser in Porto, und die Skulptur She-Changes der amerikanischen Künstlerin Janet Echelman. Sicher einer der stärksten Momente unserer Reise war dann das Überraschungsprogramm: der Besuch zweier Privathäuser von Souto de Moura, in denen uns die Besitzer sehr grosszügig durch ihren privaten Wohnbereich führten.

Am sechsten Tag widmeten wir den Morgen dem Serralves Museum für zeitgenössische Kunst. Der Bau stammt von Alvaro Siza, es ist eines seiner späten Meisterwerke, und liegt im Park einer modernistischen Villa der 40er Jahre. Im Park war auch die Ausstellung des Künstlers Anish Kapoor zu sehen. Nach etwas Freizeit im Stadtinneren machten wir uns, gefüllt mit vielen neuen Eindrücken, auf den Rückweg zum Flughafen.

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