HST Alumnus des Monats November – Patrick Hörnlimann

HST Alumni

Patrick Hörnlimann, unser „Alumnus des Monats“ November, hat nach dem HST-Bachelor den spezialisierten Master in „Biomedical Engineering“ (D-ITET) abgeschlossen. Als Ingenieur im Bereich „New Product Development“ bei Valenco und Co-Gründer des Start-ups „viAbz“ arbeitet der engagierte „Macher-Typ“ in zwei ganz unterschiedlichen Rollen und Fachbereichen. Wie er den herausfordernden Spagat zwischen beiden Jobs schafft, und was er dabei besonders spannend findet, erzählt uns Patrick im Interview.

Patrick Hörnlimann
Foto von viAbz

Wie würdest Du die beiden Unternehmen, für die Du aktuell tätig bist, beschreiben?

externe Seite Valenco steht für Value Engineering Company, was bereits relativ gut beschreibt, wofür die Firma steht - Prozesse und Problemstellungen sollen möglichst effizient und zielgerichtet gelöst werden. Valenco ist aus diesem Grund in den verschiedensten Branchen involviert und engagiert. Dazu gehören die Pharma-, Chemie-, Maschinenbau- und Medizintechnikindustrie. Das Unternehmen ist noch relativ jung und mit vier Mitarbeitern sehr übersichtlich. In unserem Büro in Kaiseraugst findet ein sehr guter Austausch statt - jeder ist auch an den Projekten der anderen interessiert. Diese positive und motivierende Stimmung macht jeden Arbeitstag zu einer lern- und lehrreichen Erfahrung.

Daneben ist externe Seite viAbz mein eigenes «Baby». Zusammen mit meinem Kollegen Stefan Velikov (Anm. der Red.: MSc ETH in „Bewegungswissenschaften“, Vertiefung Biomechanik), der von einer Südamerika-Reise zurück in meine WG kam, hatte ich im Februar 2017 erstmals die Idee für ein Start-up. Seit Tag eins haben wir mit viel Leidenschaft und Herzblut für unsere Vision, den Schweizer Arbeitsalltag durch regelmässige Bewegung gesünder zu gestalten, gearbeitet und im April 2018 eine GmbH gegründet. viAbz ist Ansprechpartnerin für Unternehmen in Bezug auf jegliche Gesundheitsthemen und unterstützt sie bei der Umsetzung von Massnahmen. Dazu gehören regelmässig stattfindende Sportkurse in oder um die Firmenlokalitäten sowie Workshops und Seminare zu Bewegungs-, Ernährungs- und Gesundheitsthemen. Mittlerweile dürfen wir einige renommierte Firmen zu unseren Kunden zählen, wie zum Beispiel Siemens, Samsung oder SUVA.

Wie sieht Deine tägliche Arbeit konkret aus?

Bei Valenco arbeite ich in einem kleinen Büro in Kaiseraugst mit meinen drei Arbeitskollegen. In Zürich wohnend habe ich somit einen Pendelweg von 90 Minuten zurückzulegen. Diesen versuche ich möglichst effizient für das Start-up oder anstehende administrative Tätigkeiten zu nutzen. Einmal im Büro angekommen, beginnt meine Arbeit als „New Product Development Engineer“. Diese Tätigkeit beinhaltet konzeptionelle Überlegungen und Evaluationen, Konstruktionsarbeit mit CAD, Kommunikation und Koordination mit Partnern und Lieferanten und vieles mehr. Insgesamt ist mein Arbeitsalltag bei Valenco sehr abwechslungsreich und bringt immer wieder neue Herausforderungen. Zudem macht mir die Arbeit in einem interdisziplinären, dynamischen und motivierten Team grosse Freude. Diese Faktoren motivieren mich, den relativ weiten Arbeitsweg gerne auf mich zu nehmen.
Für viAbz arbeiten wir meist in einem unserer Wohnzimmer, an der ETH oder in einem Coworking Space für Start-ups. Auf dem Programm können äusserst unterschiedliche Tätigkeiten stehen. Dazu gehören Kundenakquise, Traineranstellung, Kommunikation, Finanzen/Buchhaltung, Produktweiterentwicklung, Kundenmeetings, die Erstellung von Offerten und die Ausarbeitung des Programms oder Marketingmassnahmen. Dabei sind insbesondere kommunikative Fähigkeiten enorm wichtig und gefragt. Einen entscheidenden Part unseres Geschäftsmodells spielen auch die Kundenbesuche mit Inspektion der Räumlichkeiten vor Ort. Diese geben uns die Grundlage für die Ausarbeitung von massgeschneiderten Programmen für die Firmen.

Weshalb hast Du Dich entschieden, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Wie bereits erwähnt, entstand die Idee einer Start-up Gründung im Februar 2017 zusammen mit meinem Geschäftspartner und Kollegen Stefan Velikov. Von da an haben wir fast täglich über unsere Pläne und deren Umsetzung diskutiert. Es ist schwierig, spezifische Gründe dafür aufzuzählen, da wir zu diesem Zeitpunkt noch wenig Ahnung davon hatten, was die Selbständigkeit zu bedeuten hat. Am ehesten waren der Trieb, etwas Neues zu erschaffen und etwas von unserem Wissen weiterzugeben, die Gründe für unser Handeln.

Welchen Herausforderungen muss man sich als Unternehmensgründer/-in zu Beginn stellen?

Diese Liste ist sehr lang! Nicht umsonst wird das Aufbauen einer Firma häufig mit einer Achterbahnfahrt assoziiert. Gute Ideen sind extrem viele vorhanden, doch häufig scheitert es an der Umsetzung. Man braucht grundsätzlich mal die richtigen Leute am richtigen Ort. Eine weitere Herausforderung für ETH Abgänger/-innen ist vor allem die wirtschaftliche Seite einer Start-up Gründung, welche z.B. den Businessplan, die Firmengründung, die Finanzen oder die Buchhaltung beinhaltet.

Patrick Hörnlimann
Foto von Katrin Dätwyler

Welches sind Deiner Meinung nach die wichtigsten drei Eigenschaften, welche ein/-e Unternehmensgründer/-in mitbringen soll?

Durchhaltewille, Kreativität und „Macher-Gene“.

Was macht die Kombination Deiner Stellen einzigartig?

Was ich an meinem Alltag extrem schätze ist die Flexibilität, die ich mit meinen beiden Jobs habe. Jede Woche sieht anders aus und bringt neue Herausforderungen in den verschiedensten Bereichen. Ebenfalls habe ich in beiden Jobs die Möglichkeit, Kreativität einzubringen und Ideen umzusetzen, was in meinem Alter alles andere als selbstverständlich ist. Der Mix zwischen technischen Problemen und Projektleitung im einen und strategischer Führung sowie „Mädchen für alles“ im anderen Job beinhaltet so vieles und passt für mich zum jetzigen Lebenszeitpunkt perfekt.

Gibt es überfachliche Kompetenzen, welche für Deine Stellen entscheidend sind?

Selbständiges Arbeiten, viel intrinsische Motivation, Kommunikationsfähigkeit, Hartnäckigkeit, Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit ein Produkt zu verkaufen.

Wie kannst Du Deinen wissenschaftlichen Hintergrund und Deine Kenntnisse aus dem HST Studium in der täglichen Arbeit einbringen?

Das grösste Plus aus dem HST Studium ist das breite Wissen, über welches ich verfüge. Bei Valenco helfen mir vor allem meine anatomischen Kenntnisse sowie die medizintechnischen Fächer, die ich besucht habe. Bei viAbz helfen mir zum einen die Kontakte zu Mitstudenten für die Trainersuche, zum anderen aber auch die Kenntnis über sehr viele Fachbereiche der Gesundheit, über die wir Workshops und Vorträge halten.

Was rätst Du jungen Gesundheitswissenschaftler/-innen, die über eine Unternehmensgründung nachdenken und welche Schritte empfiehlst Du?

Wagt es! An der ETH gibt es sehr viele Kurse, die Studenten/-innen bei der Start-up Gründung unterstützen. Bereits wenn man ein grundsätzliches Interesse daran hat bei einem Start-up dabei zu sein, kann man sich für diese Kurse anmelden, ohne mit einer eigenen Idee zu kommen.

Wie habt ihr bei viAbz die Finanzierung organisiert?

Für die Gründung der GmbH mussten wir zu zweit 20'000 CHF aufbringen und konnten dies von unseren Ersparnissen finanzieren. Ansonsten war kein weiteres Startkapital notwendig, da unsere ersten Ausgaben für Kunden ebenfalls unsere ersten Einnahmen brachten. Nun sind wir am "Upscaling" von diesem Modell.

Warum hast Du Dich entschieden, nach dem Studium neben der Start-up Gründung zusätzlich auch in die Industrie einzusteigen?

Ich hatte bereits während des Studiums mit meinem Start-up begonnen. Nach Abschluss meiner Masterarbeit wollte ich mich unbedingt in Richtung Produktentwicklung im Bereich Medizintechnik vertiefen. Das konnte ich im Rahmen des Start-ups nicht machen. Aus diesem Grund suchte ich eine Stelle als Ergänzung zu meinen Tätigkeiten bei viAbz.

Welches sind Deiner Meinung nach die Vor- und Nachteile in der Industrie verglichen mit der Forschung?

Da ich bei Valenco eigentlich Forschung in der Industrie betreibe, erlebe ich die Vor- und Nachteile von beiden Bereichen. Die Forschung bringt viel „Try-and-Error“ mit - man probiert, scheitert, probiert anders, usw. Dabei sind Kreativität und Ausdauer gefragt. Der industrielle Aspekt äussert sich darin, dass sich neben der reinen Produktentwicklung weitere Fragen zu Herstellung, Rentabilität und Richtlinien stellen. Solche Fragestellungen können sehr zeitraubend sein, bringen aber auch spannende neue Herausforderungen mit sich.

Welche Tipps möchtest Du den Studierenden für einen gelungenen Berufseinstieg generell mit auf den Weg geben?

Meine Wahrnehmung von vielen Mitstudenten/-innen und generell Studierenden ist, dass sie sehr passiv sind. Stattdessen sollte man sich bewusst werden, wie breit und tief unser Wissen ist und mutig in die Berufswelt eintreten. Fast jede/r Unternehmer/-in hat einmal bei Null begonnen und ist trotzdem seinen Weg gegangen. Als zweiten Tipp möchte ich die Wichtigkeit eines persönlichen Netzwerks hervorheben. Wenn man viele Leute kennt, Interesse zeigt, nachfragt und seine Kontakte pflegt, steigen die Chancen, die gewünschte Traumstelle zu bekommen. Da es in dieser Beziehung kaum ein "zu viel" gibt, hilft es, stetig am Ball zu bleiben.

Was rätst Du jemandem, der nach dem Studium auch den Einstieg in die Industrie / Privatwirtschaft anstrebt?

Generell rate ich allen Studierenden, möglichst viele Praktika zu machen, viel zu kommunizieren und nachzufragen. Wenn man grosses Interesse für eine Stelle hat, sollte man sich auf jeden Fall dafür bewerben – auch wenn man das Gefühl hat, dass man sie nicht bekommt. So kann man sich trotzdem mit einem interessanten Arbeitgeber in Verbindung setzen.

Hast Du bereits Ideen, wie Du Dich zukünftig beruflich weiterentwickeln willst?

Ich überlege mir, in einigen Jahren einen Master of Business Administration (MBA) zu absolvieren.

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