Robert Weiss: «Man kann und wird nie alles automatisieren können.»
Alumni Porträts
Robert Weiss, Ehrenmitglied der ETH Alumni Vereinigung und des Fachvereins IAETH Alumni, hat in seiner langen beruflichen Karriere schon manch verrückte Idee umgesetzt. Aufgrund seiner Verdienste in der Vermittlung von hochkomplexen, technologischen Zusammenhängen in der Informatik ist der gebürtige Zürcher heute bekannt für seine schweizweit einzigartige Computersammlung, seine vielfältigen Publikationen, sowie das Poster der digitalen Evolution – in der 5. Auflage.
Seit seiner Jugend treibt ihn Neugier, Wissbegierde und die Lust an, Neues zu erforschen. Doch wie kam es zur «Erlebniswelt Computergeschichte»?
Du hast einen sehr spannenden Werdegang. Wie bist Du vom Chemie-Laborant zum Computer-Experten geworden?
Als Chemielaborant arbeitete ich in den 60ern vier Jahre lang an der ETH Zürich. Damals fütterten wir Computer mit Lochkarten, was meine ersten Berührungspunkte mit Computern waren. Als ich anschliessend mein Studium als Chemiker 1970 an der Fachhochschule Winterthur abschloss, durfte ich meine Diplomarbeit auf einem der ersten Prozessrechner schreiben und habe dadurch das Programmieren gelernt. Die Verbindung von Chemie und Computer faszinierte mich und intensivierte sich zunehmend, als ich während des Studiums für eine Halbleiterfirma tätig war. Nach dem Studium wechselte ich dann in die Forschung der Alusuisse, wo ich als Chemiker und Computerspezialist arbeitete und in der Folge eine Gruppe für angewandte Mathematik aufbauen konnte. Damit war ich für sämtliche Computeraktivitäten in der Forschungseinheit verantwortlich.
«Wir mussten lernen, wie man mit Maschinen redet.»Robert Weiss
Meine Aufgabe war es, die Optimierungen in der Entwicklung voranzutreiben, um anhand der gewonnenen Erkenntnisse die Produktionsprozesse laufend zu aktualisieren. Heute ist ein solcher Zeitaufwand für die Erarbeitung einer Verbesserung kaum noch denkbar. Neben der Forschungstätigkeit fing ich an, Artikel und Papers zu schreiben und wurde als Referent für Vorträge und später in verschiedene Fernsehsendungen eingeladen.
Im Jahr 1980 machte ich mich selbständig und begann mit der Programmierung von komplexen Systemen, wie zum Beispiel der Verkehrsführung des Seelisberg-Autobahntunnels, mein Wissen und meine Erfahrungen auf diesem Gebiet zu vertiefen. Zudem entwickelte ich für Computerfirmen Simulationsmodelle der Wirtschaft und realisierte Ausstellungen rund um das Thema Computer. Seither ist auch meine eigene Sammlung stetig gewachsen. Ich biete Vorträge zur Entwicklungsgeschichte des Computers aber auch zu aktuellen Themen an, schreibe Artikel und habe unter anderem das Buch «Mit dem Computer auf DU» verfasst. Über 25 Jahre lang publizierte ich den ICT-Marktreport „WEISSBUCH“ und arbeite an immer neuen Ideen, wie die Welt der Computer einer breiten Öffentlichkeit im Allgemeinen und Jugendlichen im Speziellen auf verständliche Weise nähergebracht werden kann.
Wohin geht die Geschichte des Computers?
Die Naturwissenschaften wären nicht da, wo sie heute sind ohne die Computerwissenschaften. Die digitale Evolution schreitet unaufhörlich voran und zwingt uns, Arbeitsprozesse und Organisationsstrukturen anzupassen und zu verändern. Mit der Industrie 4.0, der vierten industriellen Revolution und einhergehenden Digitalisierung, werden wir unseren Alltag bald völlig anders erleben als noch vor 30-40 Jahren. Dabei stehen neue Formen der Organisationsgestaltung im Vordergrund: die Vernetzung von Maschinen, Geräten, Sensoren und Menschen. Dazu gehören auch digitale Systeme, die in der Lage sind, eigenständige Entscheidungen zu treffen und Aufgaben möglichst autonom zu erledigen. Persönlich sehe ich zum Beispiel für 3-D-Drucker eine grosse Zukunft. Diese eröffnen uns jetzt schon ganz neue Möglichkeiten.
«Die Computer-Geschichte hat auch mit unserer Kultur zu tun.»Robert Weiss
Welchen Rat gibst Du heutigen Studierenden und Berufseinsteigern?
Einer der wichtigsten Aspekte heute ist die Sozialkompetenz. Was nützt das ganze erlernte Wissen, wenn es nicht an ein breites Publikum vermittelt werden kann? Aus meiner eigenen Erfahrung rate ich den heutigen Studierenden, mutig und flexibel zu sein, sowie das eigene Netzwerk ständig zu erweitern. Dies wird es zukünftigen Berufseinsteigern erlauben, auf dem Laufenden zu sein und Neues auszuprobieren. Daher sage ich den Jugendlichen: Studiert interdisziplinär und verknüpft verschiedene Fachgebiete, denn die Verflechtung unterschiedlicher Themenfelder wird immer wichtiger! Multidisziplinäre Ansätze, davon bin ich überzeugt, werden in Zukunft noch viel gefragter sein als heute.
«Generell gibt es heute vier treibende Faktoren: Es muss alles immer schneller, kleiner, effizienter und ökonomischer werden.»Robert Weiss
Wie fühlst Du Dich heute noch mit der ETH verbunden?
Obwohl ich kein «echter» ETH Alumnus bin, pflege ich regelmässigen Kontakt mit der ETH Zürich und komme sehr gerne an meine ehemalige Arbeitsstätte zurück. Vor Kurzem hat mich auch eine Gruppe IAETH Alumni in meinem Schaulager in Stäfa für einen Anlass besucht, was allen sehr viel Spass gemacht hat. So fühle ich mich weiterhin mit der ETH verbunden.
Zu Robert Weiss
Seit Mitte der 60er Jahre sammelt Robert Weiss Gegenstände, welche mit der Informatik zu tun haben, seien es mechanische Teile, Elektronik, Computer oder Kommunikationsgeräte. Die Sammlung beinhaltet dabei nicht nur Unikate und Prototypen, sondern auch Software, Bilder, Filme, Dokumente sowie Zeitschriften, Handbücher, Preislisten, Rechnungen, Pressemitteilungen und Werbung. Heute liegt der Gesamtumfang der Sammlung bei rund 60 Tonnen Material, verteilt in verschiedenen Schauräumen und Lagern.
www.robertweiss.ch, www.computerposter.ch, www.computermuseum.ch