Meteo Schweiz & EKT Energie AG – Meteo- und Stromprognosen

EAEM Alumni

Am 22. Juni luden die EAEM Engineering & Management Alumni zum Thema «Prognosemodelle für Wetter und deren industrielle Anwendung» ein. Tanja Weusthoff von Meteo Schweiz und Matthias Sutter von der EKT Energie AG erläuterten dem Publikum den aktuellen Stand der Technik.

Die EAEM Alumni
Die EAEM Alumni

Die Verfügbarkeit von genauen Wetterprognosen bildet die Grundlage für einen optimalen und sicheren Betrieb in einer Vielzahl von Branchen. Neben dem Tourismus und der Energieversorgung sind auch der Bevölkerungsschutz und nicht zuletzt die Landwirtschaft auf genaue Wetterprognosen angewiesen. Mit dem Entscheid zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 ist die Zielsetzung gegeben, bis zum Jahr 2035 einen grossen Anteil (11.4 TWh) der Schweizer Stromproduktion aus erneuerbaren Energien zu erbringen. Es ist absehbar, dass der Prognostizierbarkeit des Wetters und somit der Stromproduktion eine grössere Bedeutung zukommt wird.

5 Standorte, 350 Mitarbeiter und 150 Messstationen

Tanja Weusthoff, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Meteo Schweiz tätig ist, stellte im ersten Teil ihres Referats Meteo Schweiz vor und gab anschliessend den Alumni im zweiten Teil einen spannenden Einblick in die Wettervorhersage. Meteo Schweiz ist als Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie dem Eidgenössischen Departement des Innern unterstellt. Die erklärte Zielsetzung ist die Erbringung von kurz- und langfristigem Nutzen für die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Umwelt. Meteo Schweiz ist an fünf Standorten mit 350 Mitarbeitern vertreten und betreibt 150 Messstationen. Neben den industriellen Dienstleistungen wie beispielsweise für den Flughafen Zürich ist in der Bevölkerung vor allem die mobile Wetter-App von Meteo Schweiz bekannt, welche eine Vielzahl an Funktionen bietet. Neben Wetterprognosen und Niederschlagsradar enthält sie Pollenberichte und Unwetterwarnungen.

App Meteo Schweiz, Quelle: Meteo Schweiz
App Meteo Schweiz, Quelle: Meteo Schweiz

Klimatisches Modell der Troposphäre

Die Grundlage für die Wetterprognosen bildet das klimatische Modell der Troposphäre, welche sich bis auf 10 km über der Erdoberfläche erstreckt. Dort befinden sich 90 % der Luftmasse und 99 % der Luftfeuchtigkeit – und dort spielt sich auch das Wetter ab. Für die Modellierung werden vier physikalische Gleichungen wie beispielsweise der 1. Hauptsatz der Thermodynamik oder die Masseerhaltung sowie sechs Grundgleichungen für Wind, Druck, Temperatur, Wasserdampf, flüssiges Wasser sowie die Dichte verwendet. Eine grosse Herausforderung ist dabei die Feststellung der Anfangsbedingungen, also beispielsweise der Messung der Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit an einem bestimmten Ort auf einer definierten Höhe über Meer. Da es nicht überall Messstationen gibt, können kleine Änderungen der Anfangsbedingungen eine grosse Änderung des Ergebnisses zur Folge haben. Diesem Problem kann jedoch mit einer Ensemble-Vorhersage mit leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen (Monte Carlo-Methode) begegnet werden.

COSMO Wettermodell

Das COSMO Wettermodell von Meteo Schweiz ist mit dem Europäischen Zentrum für Mittelfristvorhersage abgestimmt. Es werden also an den Rändern der Modelle Daten aus den umliegenden Gebieten integriert, um anhand eines globalen Modells die Anfangsmesswerte global bestimmen zu können. Die Berechnungen von Meteo Schweiz finden am CSCS (Centro Svizzero di Calcolo Scientifico) in Lugano statt. Das CSCS, welches von der ETH Zürich betrieben wird, hat mit dem Upgrade des Rechners Piz Daint dessen Rechenleistung verdreifacht. Piz Daint hält neu auf der Top 500 der Supercomputerliste den weltweiten 3. Platz. Das neue Hybridsystem mit Grafikkarten von NVIDIA und normalen CPU-Kernen zeigt mit einer um bis zu Faktor 3 optimierten Energieeffizienz die Möglichkeiten des neuen Systems auf. Klima- und Erdwissenschaftler, Forschende aus Chemie, Material- und Nanowissenschaften mit ihren komplexen Berechnungen aber auch Physiker und Biologen können von der neuer Rechenleistung profitieren.

Hybrider Rechner Piz Kesch

Die täglichen Prognoseläufe der COSMO Modelle von Meteo Schweiz laufen heute auf dem ebenfalls hybriden Rechner Piz Kesch am CSCS. Alleine durch den Einsatz von GPU’s konnte eine Verbesserung der Rechenleistung um den Faktor 2.3 erzielt werden, eine Verbesserung des Codes brachte einen weiteren Faktor von 1.7, zusammen mit weiteren Optimierungen entstand in der Summe eine Verbesserung der Performance für die nationale Wetterprognose um den Faktor 4.0. Diese Verbesserung bildet die Basis für das neu auf nunmehr 1.1 – 2.2 km Kantenlänge reduzierte Vorhersagemodell von Meteo Schweiz. Dies hat zu einer wesentlichen Verbesserung der Wetterprognosen beigetragen. Die Entwicklung geht jedoch weiter: bereits 2022 steht mit Modell ICON die Ablösung des COSMO Modells an.

Prognose der Stromproduktion und des Stromabsatzes

Matthias Sutter, Leiter Portfoliomanagement bei der EKT Energie AG, gab den Alumni anschliessend einen Einblick in die Prognose der Stromproduktion und des Stromabsatzes. Die EKT Energie AG ist eine unabhängige Beschaffungsplattform, welche Kunden in der gesamten Schweiz beliefert. Insbesondere für Grosskunden sind die Kompetenzen im Bereich Stromprognose ein wichtiger Eckpfeiler in der Auswahl eines Stromlieferanten. Dies war neben der grossen Flexibilität der EKT Energie AG mit ein Grund für das starke Wachstum in der Vergangenheit. Mit der anstehenden Umsetzung der Energiestrategie 2050 sollen bis 2035 11.4 TWh durch neue erneuerbare Energien beigesteuert werden. In der Überarbeitung des Energiegesetzes (EnG) und der Energieverordnung (EnV) bildet die Direktvermarktung eine zentrale Rolle. Wichtige Details sind hierbei in der HKN Verordnung (HKNV) sowie in der Energieförderverordnung (EnFV) festgehalten. Die EKT Energie AG bietet für die Betreiber von Produktionsanlagen im Direktvermarktungsmodell attraktive Produkte an.

Stagnierender Energieverbrauch

Matthias Sutter zeigte auf, dass der Energieverbrauch in den vergangenen Jahren insgesamt trotz Bevölkerungswachstum stagniert. Der Gebäude-Sektor hat mit dem Ersatz von Ölheizungen seine Aufgaben gemacht. Es fand in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem durch Wärmepumpen eine Verschiebung zur Elektrizität als Energieträger statt. Die Produktionsmenge aus geförderter Energie beträgt für das Jahr 2016 geschätzte 2.6 TWh, dies steht einem aktuellen Strombedarf von rund 60 TWh gegenüber. Diese vergleichsweise kleinen Produktionsmengen produzieren dann, vor allem tagsüber, wenn der Strom auch gebraucht wird. Problematisch ist jedoch das Jahresprofil der Produktion dieser geförderten Energie. Eine stundenbasierte Auswertung der EKT Energie AG zeigt, dass die Produktion vor allem im Sommer anfällt und nicht im Winter, wenn die Verbrauchsspitzen auftreten. Ein weiterer technologischer Fortschritt in den Speichertechnologien ist folglich notwendig, um in diesen Jahreszeiten nicht von Importen abhängig zu sein. Die Herausforderung bei Importen liegt im europäischen Kraftwerkspark, welcher grosse Anteile an fossiler Erzeugung enthält. Somit bedrohen Stromimporte die Nachhaltigkeitsziele der Energiestrategie 2050.

Produktion der Bilanzgruppe KEV, Quelle: Kalkulation EKT Energie AG
Produktion der Bilanzgruppe KEV, Quelle: Kalkulation EKT Energie AG

Herausforderungen Planbarkeit im Strommarkt

Eine weitere Herausforderung ist die Planbarkeit im Strommarkt. Aktuell konzentrieren sich die Prognosemodelle vor allem auf die Prognose des Stromverbrauchs. Zukünftig wird die Prognose der Produktion beispielsweise von Photovoltaikanlagen immer wichtiger. Der Schweizer Kraftwerkspark weist mit den Wasserkraftwerken eine Besonderheit auf. Die Flexibilität der Wasserkraftproduktion ist asymmetrisch. Die Schweiz besitzt mit rund 8 GW Leistung der Speicherkraftwerke im Vergleich zu nur 2.7 GW Leistung in den Pumpkraftwerken mehr Flexibilität in der kurzfristigen Stromproduktion als in der Abnahme überschüssigen Stroms. Durch diese Situation wird es in Zukunft sehr wichtig sein, vor allem die Produktion von Photovoltaikstrom genau zu prognostizieren. Der Jahresniederschlag und damit der Füllstand der Speicherseen sind ebenfalls kritische Elemente in der Versorgungssicherheit.

Zusammenarbeit Meteo Schweiz und EKT Energie AG

Die Prognosen von Meteo Schweiz werden der EKT Energie AG zweimal täglich zur Verfügung gestellt. Basierend auf diesen Wetterdaten errechnet die EKT Energie AG anschliessend stundengenau die Stromabsatz- und Stromproduktionsprognose. Da die EKT Energie AG Kunden in der gesamten Schweiz versorgt, erfolgt die Prognose anhand von lokalen Wetterdaten, um den unterschiedlichen regionalen Aspekten gerecht zu werden. Die Prognosemodelle basieren auf künstlichen neuronalen Netzen, womit die neueste Technologie für diese Aufgabe zur Anwendung kommt. Dies ist eine Voraussetzung für kompetitive Konditionen und Lösungen für das ab 2018 geplanten Regime der Direktvermarktung, welche die kostendeckende Einspeisevergütung ersetzen soll.

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