Focus Event zum Thema Robotik
Alumni Focus
«Roboter verlassen die Produktionshallen» – unter diesem Motto lud die ETH Alumni Vereinigung am 27. Juni zum zweiten Focus Event in diesem Jahr ein. ETH-Professor Roland Siegwart referierte vor rund 90 Anwesenden über die Möglichkeiten und heutigen Grenzen der Robotik. Moderiert wurde der Abend durch Marco Metzler, Wirtschaftsredaktor der NZZ am Sonntag.
Bei seiner Einführung kam Moderator Marco Metzler regelrecht ins Schwärmen, als er einen Besuch im Labor von Roland Siegwart, ETH-Professor für autonome Systeme, beschrieb: „Das Labor ist eine ‚Spielwiese für Erwachsene‘, in jeder Ecke gibt es laufende, kriechende oder fliegende Roboter.“ Prof. Siegwart wiederum startete sein Referat mit einem Blick in die Vergangenheit. „Die Digitalisierung“, so Roland Siegwart, „hat durch die Einführung der PCs, des Internets oder der Smartphones schon lange stattgefunden. Bisher hat der Mensch mit der digitalen Welt jedoch nur indirekt interagiert, denn die heutigen Technologien sind ein reines Einspeisen und Abrufen von Daten.“
Roboter der Zukunft
Was die Roboter der Zukunft ausweist, ist ihre direkte Interaktion mit dem Menschen. „Doch bis dahin muss noch einiges an Forschung betrieben werden“, betonte der ETH-Professor. Denn die Maschinen sind noch nicht so weit, dass sie sich im komplexen Alltag orientieren und mit Unsicherheiten oder Teilwahrheiten umgehen können. Trotz dieser Einschränkungen sind die Roboter von heute schon sehr vielseitig, wie Roland Siegwart an einigen Projekten seiner Studenten eindrücklich aufzeigte: So wurden Roboter entwickelt, welche den Wände entlanglaufen können oder solche, die mithilfe von Solarenergie über Tage durch die Luft fliegen und die Gletscher von Grönland erforschen. Andere wiederum sind sogenannte „service robots“, welche Menschen im Alltag helfen, wie zum Beispiel ein treppensteigender Rollstuhl.
Eine gute Orientierung ist die Grundlage für die Interaktion mit dem Menschen
„Damit ein Roboter mit der Aussenwelt interagieren kann, muss er zuerst seine Umgebung wahrnehmen und interpretieren können“, erklärte Robert Siegwart den Teilnehmenden. „Dafür braucht er sehr genaue Sensoren, die ihm erlauben, die Welt in drei Dimensionen zu sehen, wie beispielsweise einen Laser.“ Der Roboter schickt einen Laserstrahl los und misst, wie lange es dauert, bis dieser wieder zurückgeworfen wird. Da der Strahl mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist, muss der Prozessor in der Lage sein, Unterschiede im Nanosekundenbereich zu messen. Eine andere Möglichkeit, einen Raum zu vermessen, bietet sich mithilfe von Kameras, welche immer wieder die gleichen Punkte fixieren, während sie sich bewegen. Der grosse Vorteil der Vermessung mit Kameras ist, dass sie mittlerweile in fast jedem Smartphone oder Auto eingebaut sind, kaum Gewicht haben und nur einige Dollar kosten. Die beiden beschriebenen Technologien sind auch die Grundlage für selbstfahrende Autos. Es könnte also bald Realität werden, dass Roboter unsere Fahrzeuge führen und wir lediglich noch als Mitfahrer unterwegs sind.
Noch braucht es Zeit
Doch wieder mahnte der ETH-Professor zur Geduld: „Es braucht Zeit, bis die Wissenschaft soweit ist. Noch immer haben Roboter Schwierigkeiten, komplexe Interaktionen zu verstehen.“ Bei selbstfahrenden Autos stellen sich beispielweise Fragen wie „Was bedeutet ein Handzeichen eines Fussgängers?“ Auch auf einen Haushaltsroboter müssen wir länger warten, als uns lieb ist. Denn viele für uns Menschen einfache Bewegungen sind für Roboter schwierig zu erlernen. Gerade sogenannten „softe“ Bewegungsabläufe, wie das Falten von Tüchern, stellen die Roboter vor Herausforderungen. Zudem ist der Haushalt sehr vielseitig und bis sich ein Roboter darin reibungslos orientieren kann, muss in der Forschung noch viel geschehen.
Die Schweiz, das Silikon Valley der Robotik?
Am Schluss des Vortrages knüpfte Robert Siegwart an die Einführung des Moderators an: „Ja, mein Labor ist eine Spielwiese und ich bin fast überprivilegiert, denn ich kann da arbeiten, wo Kinder eigentlich gerne sein möchten.“ In der anschliessenden Podiumsdiskussion, an welcher auch ETH Alumnus Hanspeter Fässler, Präsident des Verwaltungsrat der Dätwyler Cabling Solutions AG, teilnahm, wurde angeregt über die Chancen und Risiken der Robotik diskutiert. Wird die Schweiz bald das Silikon Valley der Robotik? Wird die Robotik unsere Gesellschaft so weit verändern, dass wir bald mit Massenarbeitslosigkeit zu kämpfen haben? Die vielen Fragen aus dem Publikum und die Diskussionen der Teilnehmer beim anschliessenden Apéro zeigten, dass das Thema fasziniert und polarisiert.